Verunsicherung im Gemeinschaftsgarten

Eva Jähnigen informierte sich über das interkulturelle Gartenprojekt in Prohlis

Veröffentlicht am Sonntag, 11. Oktober 2020

Verschiedene Nationen treffen sich im Gemeinschaftsgarten zum Säen, Hegen, Pflegen und Ernten. Das gefällt offenbar nicht jedem, es gibt Anfeindungen. Davon erfuhr Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen bei ihrem Besuch vor Ort.

Eva Jähnigen lässt sich vom Imker die Bienenvölker zeigen. Foto: Trache

Eva Jähnigen lässt sich vom Imker die Bienenvölker zeigen.

Foto: Trache

Mitte September besuchte Umwelt­bür­ger­meis­terin Eva Jähnigen den Gemein­schafts­garten Prohlis. Zunächst führte Projekt­ko­or­di­na­torin Heike Löffler sie durch den Garten und erläu­terte ihr, wie sich die Anlage seit ihrer Gründung 2017 entwi­ckelt hat. Seit Kurzem leben hier vier Bienen­völker. Betreut werden sie von einem Syrer und einem Iraker, die sie voller Stolz Eva Jähnigen zeigten. Nach dem Rundgang kam die Umwelt­bür­ger­meis­terin in gemüt­licher Runde mit den Hobby­gärtnern ins Gespräch. Im Auftrag des Oberbür­ger­meisters erkun­digte sie sich über Bedro­hungen in der jüngsten Zeit. Seit Beginn dieses inter­kul­tu­rellen Projekts kam es mehrmals zu rechten Schmie­re­reien oder es fanden sich Aufkleber am Gartenzaun oder auf den Aushängen. Letztere wurden immer mal wieder angezündet. Auch eine CD einer Rechts­rockband ist schon in der Garten­anlage aufge­taucht. Im Juli dieses Jahres fand ein 11-Jähriger eine schwarz-weiß-rot umman­telte Patro­nen­hülse im Garten mit einer Beschriftung. Neun Tage später entdeckte Alexander Junge vom Projektteam eine weitere Pisto­len­hülse. Diese Fundstücke wurden der Polizei übergeben, die die Ermitt­lungen aufge­nommen hat. »Wir wollen eine Gesell­schaft sein, die gewaltfrei ist. Als Stadt­ver­waltung ist es uns wichtig, dass Sie keine Angst haben müssen«, betont Eva Jähnigen. »Wer Sie bedroht, bedroht uns alle.«

Nach den jüngsten Vorfällen kamen einige Geflüchtete mit der Frage auf Heike Löffler zu: »Kann ich hier noch alleine herkommen?« Der Vater des Kindes, das die Patro­nen­hülse gefunden hatte, sagte, dass sie solche Situation einfach nicht nochmal erleben möchten. Einige geflüchtete Männer erzählten, dass sie selbst sich trotz allem in Prohlis sicher fühlen und sich die anfäng­liche Angst bei ihnen gelegt habe. In erster Linie haben sie Angst um ihre Kinder. »Auch aus Sicht der Stadt­ver­waltung ist dieser Gemein­schafts­garten etwas Beson­deres, aufgrund der großen Alters­spanne der Nutze­rinnen und Nutzer, aber auch durch die vielen Sprachen, die hier gesprochen werden«, so Eva Jähnigen. Der Wunsch, hier zu gärtnern und ein Beet zu bewirt­schaften, bleibt auch bei den Zugezo­genen ungebrochen groß.

Die Geflüch­teten nutzten den Besuch aber auch, um ein weiteres Anliegen loszu­werden: »Wir haben Energie und möchten arbeiten, auch als Freiwillige. Wir wollen etwas tun, auch wenn unsere Sprach­kennt­nisse oft fehlen.« Unter ihnen sind Bauar­beiter, Lehrer, aber auch Ärzte aus Syrien und dem Irak.

Claudia Trache

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