Die Blindenschreibmaschine »Erika-Picht«
Schätze in den Technischen Sammlungen
Veröffentlicht am Samstag, 11. März 2017
Ein besonderes Produkt aus der Palette der »Erika-Schreibmaschinen« vom VEB Schreibmaschinenwerk Dresden war die Blindenpunktschrift-Bogenmaschine «Erika-Picht». Heute hat sie ihren Platz im Museum, in den Technischen Sammlungen.
Ein besonderes Produkt aus der Palette der »Erika-Schreibmaschinen« vom VEB Schreibmaschinenwerk Dresden (SWD) war die Blindenpunktschrift-Bogenmaschine »Erika-Picht«. Ihre Funktionsweise ist auf dem von Oskar Picht bereits 1901 entwickelten Grundmodell aufgebaut. Picht arbeitete in der Blindenanstalt Steglitz bei Berlin als Blindenlehrer. Um seinen blinden Schülern das Schreiben zu erleichtern, entwickelte er ein Gerät, das auf geniale Weise technische Elemente von Schreibmaschinen für Sehende und für Blinde miteinander kombinierte, zuverlässig und praktisch unverwüstlich war.
Seine Grundform, nach dem System von Louis Braille, besteht aus sechs Tasten, die mit Zeige-, Mittel- und Ringfinger beider Hände angeschlagen werden. Die Klaviatur ist so eingerichtet, dass sie unter Zuhilfenahme des Handballens mit der rechten Hand allein bedient werden kann, während die linke Hand für das Ablesen des Manuskripts bzw. für das Nachprüfen des Geschriebenen frei bleibt.
Durch gemeinsames Anschlagen mehrerer Tasten erhält man auf einen Druck einen Buchstaben oder ein Sigel der Blindenkurzschrift. Das für die Blindenschrift besonders gefertigte zähe und starke Papier wird um eine Holzwalze aufgerollt, die es zum Festhalten in einen Spalt bzw. unter einer Klappe aufnimmt. Die Punktschreibmaschine besitzt die üblichen Einrichtungen wie selbstständige Fortführung des Papiers, Zeilengradheit, Regulierung der Schrifthöhe, sofortige Lesbarkeit der Schrift, Zeilenschlussglocke, Rückgangeinrichtung sowie Ausschaltung und Freilauf des Papierwagens.
Für das In- und Ausland
Im SWD begann man 1979 mit der Produktion der Blindenschreibmaschine »Erika-Picht« E 501 bis E 505. Der inländische Bedarf konnte so abgedeckt werden. Sie wurde aber auch ein Exportschlager – von 1980 bis 1990 gingen mehr als 20.000 Maschinen ins Ausland.
1990 erfolgte der Start der neuen Modellreihe Erika-Picht E501-521. Diese wies zahlreiche Verbesserungen auf: Zweihandbedienung, Links- bzw. Rechtshandbedienung, 8-Punkt-Computerschrift, Zeilenschaltung 10 oder 13 mm.
Nach der Wende erfolgte 1990 die Privatisierung des Werkes unter dem neuen Namen »Robotron Erika GmbH«. Diese ging aber zwei Jahre später in Konkurs. Die Produktion der Blindenschreibmaschine wurde dann von der 1992 gegründeten »Multi-Tech gemeinnützige GmbH« in Dresden-Übigau fortgesetzt. Im Jahr 2010 ging auch diese Firma in Konkurs und wurde ein Jahr später aufgelöst.
Die Erika-Picht wird heute von der »Blista-Brailletec gGmbH« in Marburg unter dem Namen »Tatrapoint« in den Ausführungen adaptive bzw. Standard produziert. Bis heute hält die Nachfrage nach der Maschine an, und damit ist sie wohl unbestritten die populärste europäische Maschine dieser Art überhaupt.