Schriften der Reformation für die SLUB

Zufällig aufgefundene Kriegsverluste kehrten nach Dresden zurück

Veröffentlicht am Donnerstag, 23. Januar 2020

Bedeutende Schriften der Reformation sind im Dezember nach Dresden zurückgekehrt. Die zufällig auf einem Dachboden gefundenen Bücher und Dokumente wurden der Öffentlichkeit präsentiert und in den Bestand der SLUB eingegliedert.

Sebastian Walther, Jana Kocourek, Achim Bonte und Katrin Nitzschke (v. l.) präsentierten die zurückgekehrten Bände. Foto: (c) SLUB Dresden, Alexa Büchler

Sebastian Walther, Jana Kocourek, Achim Bonte und Katrin Nitzschke (v. l.) präsentierten die zurückgekehrten Bände.

Foto: SLUB Dresden, Alexa Büchler

Zschertnitz. In Folge des Zweiten Weltkrieges fehlen der Sächsi­schen Landes­bi­bliothek – Staats- und Univer­si­täts­bi­bliothek Dresden heute mehr als 200.000 Bücher, Handschriften und Karten. Diese sind zum Teil während des Angriffs im Februar 1945 vernichtet worden. Der größere Teil ist zwischen Mai 1945 und Mai 1946 nach Russland verbracht worden. Bis heute ist der Verbleib vieler Werke ungeklärt.

Zufallsfund auf Dachboden

Über 70 Jahre nach Kriegsende sind neun wertvolle Schriften aus der Refor­ma­ti­onszeit wieder aufge­taucht. Sebastian Walther, Direktor des Museums Alte Pfeffer­küch­lerei in Weißenberg bei Bautzen, hat sie zufällig auf dem Dachboden des Museums entdeckt. Zum Museums­be­stand gehörten sie nicht, fündig wurde er dagegen im digitalen Katalog der Kriegs­ver­luste der SLUB. Es handelt sich um neun so genannte Predigt- oder Erbau­ungs­schriften aus dem 16., 17. und dem 18. Jahrhundert.

Rückkehr nach Dresden

Im Dezember wurden die Bücher von Sebastian Walther im Rahmen einer Presse­kon­ferenz wieder an die SLUB übergeben.

Dr. Achim Bonte, General­di­rektor der SLUB, zeigte sich darüber sehr erfreut und erläu­terte: »Der Fund ist in vielerlei Hinsicht von beson­derer Bedeutung. In den Schriften finden sich handschrift­liche Vermerke, die inter­es­sante Einblicke in die Netzwerke der Refor­ma­ti­onszeit ermög­lichen. Ein Band enthält zum Beispiel eine eigen­händige Widmung von Johannes Bugen­hagen, einem der wichtigsten Wegbe­gleiter Martin Luthers. Ein anderer stammt vermutlich aus der Bibliothek des Rektors der Fürsten­schule St. Afra in Meißen, Georg Fabricius. Ein großer Teil seiner Bibliothek war zwischen 1580 und 1586 von Kurfürst August für seine Bibliothek erworben worden, wodurch diese den ersten Schritt von der privaten Liberey zur Kurfürst­lichen, später König­lichen Bibliothek vollzog.«

Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte die damalige Sächsische Landes­bi­bliothek rund 7.400 solcher Predigt- und Gebet­bücher. Seit 1945 gelten knapp 24 Prozent von ihnen als Kriegs­ver­luste.

Auslagerung im Krieg

Jana Kocourek, Abtei­lungs­lei­terin Handschriften, Alte Drucke und Landes­kunde an der SLUB, erklärt zu den zurück­ge­kehrten Refor­ma­ti­ons­schriften: »Mit hoher Wahrschein­lichkeit waren die Bücher während des Zweiten Weltkrieges in Schloss Gröditz nahe Weißenberg ausge­lagert. Insgesamt lagerten dort mindestens 268 Kisten aus der Sächsi­schen Landes­bi­bliothek, darunter neben theolo­gi­schen Bänden auch Teile der Sammlung Klemperer. 38 Kisten kehrten nicht in die SLUB zurück. Man nahm an, dass sie nach Russland verbracht worden sind. Aller­dings war das Schloss, wie am 3. Januar 1946 festge­stellt wurde, zeitweise frei zugänglich. (.…) Sicher kann der jetzige Fund uns auch mehr über das Geschehen am Ausla­ge­rungsort im Frühjahr 1946 verraten.«

Die Werke, insbe­sondere die handschrift­lichen Vermerke, werden nun digita­li­siert und so der Öffent­lichkeit zugänglich gemacht. Darüber hinaus widmen sich Expert*innen der SLUB der lücken­losen Erfor­schung der Prove­ni­enzen, infor­mierte SLUB-Presse­spre­cherin Annemarie Grohmann.

Steffen Dietrich

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