Die BRN ist in die Jahre gekommen
Veröffentlicht am Donnerstag, 29. Juni 2017
Die Neustadt feiert ihr traditionelles Stadtfest. Die gepflegte Anarchie der vergangenen Jahre ist verloren gegangen, blitzt aber hier und da noch durch.
Am Ende war es doch wieder schön! Aber: Die Bunte Republik Neustadt hat sich auf eine merkwürdige Art verändert. Was inzwischen fehlt, ist dieser leise Hauch von Anarchie, der früher durch die Straßen wehte und mit dem das Stadtteilfest groß wurde. Die BRN scheint sich auf den Weg gemacht zu haben, hin zu einer gutbürgerlichen Feiermeile, wie man sie während der Volksfestsaison zu Hunderten landauf, landab findet. Vielleicht ist diese Republik aber auch nur erwachsen geworden.
Jedenfalls wäre es schade um den rebellischen Geist, der die Bunte Republik einst so unverwechselbar machte. Doch auch diesmal blitzte er an der einen und der anderen Stelle auf. Totgesagte leben länger. Die Neustadt hat es stets geschafft, sich immer wieder neu zu erfinden. Vielleicht ist es noch nicht zu spät.
Die Stadtverwaltung hat in diesem Jahr – freundlich ausgedrückt – den Schuss nicht gehört. Das für die Genehmigung der Stände zuständige Straßen- und Tiefbauamt kam lange Zeit nicht in die Puschen.
Aus dem Ortsbeirat war von einem Genehmigungschaos zu hören. Die Bearbeitung der Standanträge verlief wohl ziemlich schleppend. Genehmigungen, die im Jahr zuvor noch durchgewunken wurden, sind nicht erteilt worden. Naja, die Sache wäre fast gecrasht. Haken wir das unter der Rubrik Lehrgeld ab. Beim nächstenmal wird alles besser.
Bunt war sie aber auch in diesem Jahr, diese BRN. Zwischen Bautzner Straße und Bischofsweg, Königsbrücker Straße und Prießnitzstraße war stets Bewegung. Auf der Louisenstraße zog eine Capoeira-Show das Publikum in ihren Bann, ein paar Meter weiter begab sich Tilda Tigerbalm alias Paul Curie in den Clinch mit Passanten und Gästen der Neustadt.
Im Innenhof der Seniorenresidenz verzauberte ein Roland-Kaiser-Double seine Zuhörerinnen und Zuhörer. Der Mann war wirklich gut. Seine Johanna fand er aber auch dort nicht.
Das Fazit der diesjährigen BRN ist durchwachsen. Nach wie vor präsentiert sich das Stadtteilfest bunt und inspiriert. Die Akteure sind engagiert wie eh und je, aber es klaffen Löcher, die nicht unbedingt mit der geringeren Anzahl von Ständen zu tun haben. Möglicherweise liegt aber gerade hier eine Chance für mehr Kultur, aus der meinetwegen auch eine neue Identität erwachsen kann. Darüber nachzudenken, lohnt sich allemal.
■ Fotos: Möller