Die Neustadt hat sich weiterentwickelt
Veröffentlicht am Mittwoch, 18. Januar 2017
Die Dresdner Neustadt im Jahresrückblick 2016. Die Sicherheitslage ist nicht dramatisch, Verwaltung ergreift Gegenmaßnahmen auch in Zusammenhang mit der öffentlichen Ordnung.
Für André Barth war 2016 ein Jahr des intensiven Dialogs. Selten habe er mit so vielen Leuten gesprochen. Das hängt mit der Flüchtlingskrise zusammen und mit dem Stadtteil, meint er rückblickend. Dabei haben sich hochinteressante Kontakte ergeben, so sein Resümee. Die Neustadt hat sich weiterentwickelt. Probleme, an denen lange gearbeitet wurde, sind gelöst, die Aussichten gut, was nicht darüber hinwegtäuschen soll, dass es noch jede Menge zu tun gibt. Redakteur Steffen Möller traf den Ortsamtsleiter zu einem ausführlichen Gespräch.
Beginnen wir mit dem Klassiker: Wie hat sich die Neustadt 2016 verändert?
Was hat sich getan? Die Freigabe der Albertbrücke wäre zu nennen, wir haben den neuen S-Bahn-Haltepunkt am Bischofsplatz bekommen. Damit rückt die Neustadt näher an die Innenstadt, sie ist insgesamt leichter erreichbar.
Lange haben wir für eine Verbindung zwischen Matthias-Oeder-Straße und der Straße Am Jägerpark gekämpft. Jetzt wird sie gebaut. Ich wünsche mir natürlich, dass dann auch eine neue Buslinie schnell kommt. Dazu gibt es einen entsprechenden Beschluss des Ortsbeirates.
Der Alaunpark ist nach Westen erweitert worden, wir haben endlich auch eine öffentliche Toilettenanlage. Herausstellen möchte ich, dass wir auch die Reinigung des Alaunparkes in den Griff bekommen haben. Der Park ist nicht klinisch rein, klar, aber Müll ist nicht mehr das große Problem, das Entsorgungskonzept funktioniert. Wir hoffen, das bleibt auch in diesem Jahr so. Natürlich müssen dafür die entsprechenden Gelder bereitgestellt werden.
Zusammen mit den Bewohnern und Akteuren der Neustadt konnten viele kleine Projekte realisiert werden. Gerade diese kleinen Dinge sind es, die für die Identifizierung mit dem Stadtteil von großer Bedeutung sind. Ich denke dabei u. a. an verschiedene Graffiti-Projekte. Zum Beispiel ist das Tor vor dem Dreikönigsgymnasium neu gestaltet worden. In der Katharinenstraße 9 haben wir die Eingangstore der alten Feuerwache im Rahmen des Lack-, Streich- und Klebefestivals mit Graffitis gestaltet. Beides sehr interessante Geschichten. Das Ortsamt hat den Neustädter Advent organisatorisch und finanziell unterstützt. Ich finde, der Neustädter Advent ist eine beachtenswerte Initiative, die sich ja ausschließlich auf ehrenamtliches Engagement stützt.
Fahrradprojekte sind ein weiteres Stichwort: Von der Polizei beschlagnahmte und freigegebene Fahrräder wurden in einer Behindertenwerkstatt hergerichtet und den Flüchtlingsheimen in der Buchen- und Katharinenstraße für ihre Bewohner zur Verfügung gestellt. In diesem Kontext hat die Polizei speziell für Flüchtlinge konzipierte Verkehrsteilnehmerschulungen durchgeführt, die sehr gut angenommen wurden.
Finanziell unterstützt wurde die Elternschaft bei der malerischen Instandsetzung bzw. Neugestaltung des Flures in der 15. Grundschule. Wir haben uns um die Papierkörbe der Neustadt gekümmert.
Die Neustadt 2016 – in diesem Zusammenhang muss unbedingt die BRN angesprochen werden. Nach den vielen Diskussionen um das Sicherheitskonzept kann festgehalten werden, dass wir eine ganz entspannte BRN gefeiert haben. Das ist, glaube ich, ein guter Zeitpunkt und eine gute Basis, auch mal über die künftige Entwicklung des Stadtteilfestes nachzudenken.
Zu den kleinen, aber nicht weniger wichtigen Dingen zählt die Übernahme der Entsorgung der Schrottfahrräder. Die Entsorgung der Schrottfahrräder liegt jetzt in der Verantwortung der Dresdner Ortsämter. Damit kann dieser Prozess kontinuierlich gestaltet werden. Bisher hat das Straßen- und Tiefbauamt nur einmal im Frühjahr und einmal im Herbst aufräumen können.
Was ist Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?
Das war die Einweihung der Kletterinsel auf dem Hof der 30. Grundschule am Hechtpark Ende letzten Jahres (die Neustadt Zeitung berichtete). Die federführende Elterninitiative hat dabei ein unglaubliches Engagement entwickelt. Ich fand es beeindruckend, was man mit diesem Engagement bewirken kann.
Ordnung und Sicherheit waren immer ein Thema, wie gestaltet sich die Situation heute?
Die Neustadt ist natürlich ein beliebtes Szene- und Kneipenviertel. Wir haben vielfältige gastronomische und kulturelle Angebote, wir haben viele Partylocations. Und das zieht viele Menschen an, die ausgelassen feiern und auch Alkohol trinken. Damit wird man leichter zum potentiellen Opfer. Wenn ich beschwipst nach Hause gehe und den Rucksack mal neben mich stelle, ist der auch schneller weg. Oder ich verliere die körperliche Distanz und werde angetanzt. Die Neustadt hat diese typischen zwei Gesichter. Das eine ist das freundliche Gesicht tagsüber, das attraktive Viertel mit vielen Geschäften. Sie ist das Viertel, wo Stadtleben stattfindet.
Es gibt aber auch das unfreundliche Gesicht am Wochenende in den späten Abendstunden, das durchaus auch mit Kriminalität einhergeht.
Gefühlt hat die Zahl der Übergriffe bzw. Straftaten im öffentlichen Raum, Diebstahl, tätliche Auseinandersetzungen etc. im letzten Jahr zugenommen.
In der Tat gibt es einige sehr unschöne Entwicklungen, respektloses Verhalten, versuchte und tatsächliche sexuelle Übergriffe – das kannte man in der Vergangenheit so nicht.
Es ist aber statistisch nicht nachzuweisen, dass es eine Verschärfung der Situation gegeben hat?
Dazu kann ich bezogen auf das zurückliegende Jahr noch nichts sagen, diese Daten liegen noch nicht vor. Aber: Die Polizei hat im Mai 2016 im Ortsbeirat die Kriminalstatistik vorgestellt, nach der eine Steigerung der Kriminalitätsrate in Höhe von 3,3 Prozent für 2015 zu verzeichnen war. Die Kriminalstatistik der Polizei für 2016 wird im Frühjahr vorliegen.
Ist die Neustadt sicher?
Was ist sicher? Der Frage muss man sich schon stellen: Ich glaube, dass keiner auf den Gedanken kommen wird, die Neustadt generell als unsicher zu bezeichnen. Wir haben ein lebendiges Stadtviertel. Unsicher meint, und ich wiederhole das, die unschönen Seiten, vor allem an den Wochenenden in den Abendstunden. Ich nehme das Thema durchaus ernst. Wir haben deshalb die Arbeitsgruppe Sicherheit, die seit 2015 existiert. Diese Arbeitsgruppe geht nach zwei Prämissen vor. Einen Schwerpunkt der Arbeit bildet der gesamtgesellschaftliche Ansatz. Kriminalität bekämpft man nicht nur durch Kontrollen. Es gibt viele weitere Baustellen, die zu bedienen sind. Die zweite Prämisse besteht dann folgerichtig aus dem Zusammenspiel von Prävention, Angeboten und dann natürlich auch Kontrolle.
Wer gehört zur Arbeitsgruppe?
Die Arbeitsgruppe besteht aus Ortsamt, Ordnungsamt und Polizei, es sind aber auch Vertreter aus dem Stadtteil dabei, der Gewerbe- und Kulturverein, Vereine wie die Scheune. Wir sprechen mit Schulen, die teilweise mit im Boot sitzen, Anwohner, die mit Problemen zu uns kommen, sind dabei, aber auch die Integrations- und Ausländerbeauftragte, die Suchtbeauftragte. Wir haben uns recht breit vernetzt.
Gibt es konkrete Maßnahmen und wie ist die Resonanz?
Es gab und gibt eine Menge Maßnahmen. Ein Beispiel ist die Kampagne »Respect – Save The Crowd« des Gewerbe- und Kulturvereins Ende 2015. Wir haben die Vernetzung im Stadtteil vorangetrieben. Die Präsenz von Polizei und Ordnungsamt ist hoch und das werden wir so auch aufrechterhalten.
Die Resonanz dazu bei Bewohnerschaft und Gewerbetreibenden ist ausnahmslos positiv.
Wir haben die gesellschaftlichen Gruppen stets einbezogen. Ich erinnere an die Einwohnerversammlung in der Scheune, die echte Ergebnisse gebracht hat. Es wird künftig einen »Neustadtkümmerer« geben, der Präventionsarbeit leisten soll.
Die Politik ist einbezogen. Der Stadtrat hat die den Ortsämtern für Ordnung und Sauberkeit zur Verfügung stehenden Mittel aufgestockt. Außerdem ist Geld in den Haushalt eingestellt worden, um die Nachtabschaltung jeder zweiten Straßenleuchte aufzuheben. Er hat fünfzehn Stellen im Ordnungsamt zusätzlich geschaffen.
Sie erwähnten die Zusammenarbeit mit der Drogenbeauftragten?
Die Zusammenarbeit mit der Drogenbeauftragten soll dergestalt Früchte tragen, dass wir Projekte zur Suchtprävention umsetzen. Wir werden die Streetwork auf diesen Bereich konzentrieren. Zu diesem Themenkreis wird es auch Gespräche mit der Stadtteilrunde geben.
Wie sieht es mit dem oft beklagten Glasbruch im öffentlichen Raum aus?
An zehn ausgewählten Papierkörben wird es ab diesem Jahr »Pfandringe« geben. Ich habe die Zusage aller neun Spät-Shop-Betreiber der Äußeren Neustadt, dass sie sich an der Rücknahme pfandfreier Flaschen beteiligen.
Den Scheunevorplatz und die Treppe an der Turnhalle würde ich künftig durch bessere Beleuchtung buchstäblich gern mehr »ins Licht rücken«.
Wir danken für das Gespräch!
(Teil II des Interviews lesen Sie in unserer Februarausgabe.)