Nachtcafé in der Zionskirche
Aktive Barmherzigkeit gegenüber Wohnungslosen
Veröffentlicht am Donnerstag, 7. Dezember 2017
Für Obdachlose gibt es ehrenamtliches Projekt mehrerer Kirchgemeinden. In Nachtcafés finden diese einen Platz, um sich aufzuwärmen und in Sicherheit etwas Ruhe zu finden.
Südvorstadt. Freitags 19.30 Uhr kommen die ersten Besucher in die Zionskirche. Die einen haben kaum Gepäck dabei, die anderen viele Plastetüten. Es sind Wohnungslose. Am 1. November 2017 begann die 23. Dresdner Nachtcafésaison. Bis zum 31. März 2018 öffnet an allen Tagen in der Woche eine von sieben beteiligten Kirchgemeinden ihre Türen für Wohnungslose.
Die Gemeinde der Zionskirche ist seit 1997 mit dabei. Bis Sonnabend sieben Uhr bietet sie den Gästen einen warmen Platz zum Ruhen, Essen und Getränke sowie die Möglichkeit, über Nacht Wäsche zu waschen. Rund 40 ehrenamtliche Helfer aus dieser und anderen Kirchgemeinden oder einfach aus dem Wohngebiet unterstützen die Nachtcafés in Abend-, Nacht- und Frühschicht.
Das warme Essen spendet die Mensa der Hochschule für Technik und Wirtschaft. Die Bäckerei Uhlig sowie die Bäckerei Werner geben Brot, Brötchen und Kuchen. Andere Lebensmittel erhält das Nachtcafé von der Dresdner Tafel. Ein Arzt schaut ehrenamtlich regelmäßig vorbei. Seit 2011 ist Gerd Grabowski der ehrenamtliche Leiter dieses Nachtcafés und zugleich Sprecher des Koordinierungskreises der Nachtcafés. Die sieben Gemeinden arbeiten eng zusammen.
Von September bis April finden regelmäßige Treffen des Koordinierungskreises statt, bei denen Erfahrungen ausgetauscht werden und eine gemeinsame Linie erarbeitet wird. Als Gerd Grabowski vor sieben Jahren angesprochen wurde, ob er sich im Nachtcafé engagieren möchte, war er zunächst sehr zögerlich. Doch dann lernte er alles kennen und übernahm die Aufgabe des Leiters vom Nachtcafé in der Zionskirche. Seine Entwicklung vom Ingenieurberuf hin zur sozialen Arbeit hat der Ruheständler nicht bereut. »Es ist eine sinnvolle Tätigkeit, bei der ich mich sehr wohl fühle«, so Gerd Grabowski. Seit er mit den Wohnungslosen in Kontakt gekommen ist, von dem einen oder anderen Lebensweg erfahren hat, hat sich sein Blick auf die Gesellschaft verändert. Barmherzigkeit, Offenheit und Toleranz sind wichtige Säulen des Nachtcafés. »Wärme und Warmes geben« ist ein Leitspruch. »Menschen, die Hilfe brauchen, bekommen sie bei uns, egal welcher Nationalität oder Religion sie angehören, egal warum sie in diese Situation gekommen sind, in der sie sich befinden“, so Gerd Grabowski. Sarah-Marie Neumann ist zum zweiten Mal als ehrenamtliche Helferin dabei. „In der kalten Jahreszeit geht man doch selbst gern nach Hause, macht die Heizung an und kocht sich einen heißen Tee“, so die Studentin. »Ich möchte Menschen helfen, die nicht so viel Glück haben, wie ich selbst«. Damit spricht sie ihren Mitstreiterinnen aus dem Herzen. Ob 22 oder fast 80 Jahre jung, bedürftigen Menschen gegenüber Barmherzigkeit zu zeigen, ist keine Frage des Alters.
»Die Gäste sind sehr nett und dankbar. Es macht mir Spaß, sie am Tisch zu bedienen und ihnen das Gefühl zu geben, ein besonderer Mensch zu sein«, so Sarah-Marie Neumann.