Musikautomat Polyphon

Schätze in den technischen Sammlungen

Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Februar 2014

Ein Schatz in den Technischen Sammlungen, der Musikautomat Polyphon. Dabei ist Polyphon Bezeichnung für frühe mechanische Gerätezur Wiedergabe von Musik, bei denen zumeist Stiftwalzen oder Lochscheiben als Träger verwendet wurden, z. B. bei Spieldosen.

Modell Polyphon, aus dem Jahr 1899; Hersteller Polyphon Musikwerke AG Leipzig, für 5/8 Lochplatten. Das Musikstück auf der Lochplatte: Walzer Wiener Praterleben (z. Zt. im Depot). Foto: Simmert

Modell Polyphon, aus dem Jahr 1899; Hersteller Polyphon Musikwerke AG Leipzig, für 5/8  Lochplatten. Das Musikstück auf der Lochplatte: Walzer Wiener Praterleben (z. Zt. im Depot).

Foto: Simmert

Polyphon ist eine zusam­men­fas­sende Bezeichnung für frühe mecha­nische Geräte (z. B. Spiel­dosen) zur Wiedergabe von Musik, bei denen zumeist Stift­walzen oder Lochscheiben als Träger verwendet wurden.

Der Korpus des Gerätes besteht aus edlem Holz. Eine Melodie wird erzeugt, indem die auf der Unter­seite der so genannten Blech­loch­platte befind­lichen ausge­stanzten Zinken durch einen Metallkamm (Stimmenkamm) angerissen werden. Durch eine spezielle Technik gelang es, in runde Stahl­platten Haken zu stanzen. Alle auf einem Radius angeord­neten Haken sind dabei einem Ton zugeordnet. Die Haken treiben beim Abspielen pro Ton ein spitz­zah­niges Rad an, welches seiner­seits die zugeordnete Tonzunge des waage­recht liegenden Kammes anreißt und so die Melodie erzeugt.

Die Platten ließen sich auswechseln. Platten-Spiel­dosen hatten, wie auch die späteren ersten Grammo­phone, starke Feder­werke als Antrieb; die Drehzahl wurde mit einem Flieh­kraft­regler gleich­bleibend gehalten. Der Aufzug erfolgte mit einer aufsetz­baren Kurbel. Oft war ein Steuer­hebel vorhanden, mit dem zwischen einma­ligem und wieder­holtem Abspielen umgestellt werden konnte.

Beliebt waren Musik­au­to­maten mit Münzeinwurf. Im Inneren befand sich eine von außen sichtbare Box mit zwölf belie­bigen Musik­scheiben, die sich frei vor- und rückwärts bewegte, und zwar vermit­telst eines Hebels, durch dessen Verschiebung ein kleiner Zeiger je nach Belieben auf eine der angege­benen zwölf Programm­nummern gestellt werden kann. Die gewünschte Noten­scheibe hob sich lautlos aus der Box und setzte auf die Stimmen­kämme auf – die Jukebox des 19. Jahrhun­derts.

Erfunden wurde die Lochplatten-Spieldose 1886/87 von Paul Lochmann in Leipzig-Gohlis (Symphonion Musik­werke). Zwei ehemalige Mitar­beiter von Lochmann gründeten 1889 die Polyphon-Musik­werke Leipzig, die bereits um 1900 (mit einem Ableger in den USA) 90 Prozent des Weltmarktes an mecha­ni­schen Musik­in­stru­menten abdeckten. Da wurden nicht nur Pfeifen und Metall­blättchen zum Klingen gebracht, sondern auch Trommeln und Geigen. Leipzig war in dieser Zeit die »Welthaupt­stadt der mecha­ni­schen Musik­in­stru­mente«.

Nach und nach wurden neue Produk­ti­ons­zweige eröffnet – man baute ab 1901 Piano-Orches­trions, ab 1903 Grammo­phone und Schreib­ma­schinen, ab 1904 sogar Motoren und Kraft­fahr­zeuge.

Ekkehard Simmert

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