Leben ist Marathon und kein Sprint

Seit fünf Jahren leistet das Projekt RUN & GONE Suchtprävention

Veröffentlicht am Mittwoch, 16. September 2020

Der Weg aus der Suchtkrankheit ist mit der stationären Entgiftung lange nicht zu Ende. Mit einem Sportprojekt, das in diesem Jahr zum fünften Mal stattfand, haben drei Initiatoren die Suchtberatung ehrenamtlich wirkungsvoll erweitert.

Akteure der Aktion RUN & GONE am Startpunkt der Löbtauer Beratungsstelle der Radebeuler Sozialprojekte GmbH (RASOP) auf der Freiberger Straße 122: Roberto Füger, Erlebnispädagoge Nico Darwish-Müller, Jörg Fischer, RASOP-Mitarbeiterin Lena Kandler, Reno Werner, Suchttherapeut Jörg Leschke (v. l. n. r.). Foto: S. Dietrich

Akteure der Aktion RUN & GONE am Startpunkt der Löbtauer Beratungsstelle der Radebeuler Sozialprojekte GmbH (RASOP) auf der Freiberger Straße 122: Roberto Füger, Erlebnispädagoge Nico Darwish-Müller, Jörg Fischer, RASOP-Mitarbeiterin Lena Kandler, Reno Werner, Suchttherapeut Jörg Leschke (v. l. n. r.).

Foto: S. Dietrich

Löbtau. Aus Lebens­krisen dreier Gleich­ge­sinnter entstand 2016 das Laufprojekt Run and Gone. Reno Werner, Roberto Füger und Jörg Fischer initi­ierten ein sachsen­weites Event. Jedes Jahr in der ersten Septem­ber­woche wird zu Fuß und mit dem Rad in einer für alle Inter­es­senten offenen Laufge­mein­schaft eine Strecke von rund 280 Kilometer absol­viert, aufge­teilt in Tages­etappen von ungefähr Marathon­länge. Die Strecke führt von Weißwasser über Dresden nach Großrück­ers­walde. Auf der Route wird in verschie­denen Entzugs­ein­rich­tungen mit Sucht­kranken das Gespräch gesucht, so bei Gesprächs­runden in Arnsdorf und Großschweidnitz. In Dresden wurde in diesem Jahr in der Löbtauer Beratungs­stelle der Radebeuler Sozial­pro­jekte gGmbH (RASOP)  auf der Freiberger Straße mit Jugend­lichen über Sucht­prä­vention gesprochen. Die RASOP wurde 2000 gegründet, um moderne und flexible Hilfen auf dem Gebiet der Jugend­hilfe anzubieten. Schwer­punkt ist die ambulante und stationäre Drogen­nach­be­treuung. Von dort startete nach dem Gespräch mit den Jugend­lichen eine Etappe des Laufes.

Roberto Füger erinnert sich an den ersten Lauf: »Im ersten Jahr sind wir noch mit Bundeswehr-Rucksack losge­laufen. Das war eine Tortur.« Die Laufstrecke wird inzwi­schen ohne Rucksack absol­viert. Die »Lauffa­milie« bewältigt die Strecken in einem mäßigen Jogging­tempo. Ein Rad mit Gepäck und Proviant fährt die Strecken jeweils mit. Schließlich sei auch das Leben kein Sprint, sondern eher ein Marathon.

Die Stamm­be­setzung des Teams kommt, wie von Beginn an, aus den Familien der Initia­toren. In den vergan­genen Jahren betei­ligten sich hunderte Läufer. Wer will, kann auch nur einige Kilometer mitlaufen. Die Initia­toren laufen die gesamte Strecke.

Inzwi­schen hat sich die Laufaktion jedoch zu einem durch­or­ga­ni­sierten Laufevent entwi­ckelt. Und der dafür gegründete Verein Run and Gone e. V. wird von vielen Freiwil­ligen und einigen privaten Sponsoren unter­stützt. Die Ini­tiatoren waren beispiels­weise sehr erfreut, dass die Jugend­mann­schaft der Lausitzer Füchse einer der ersten Unter­stützer der Sport­aktion war. Die Sport­kleidung sponsert inzwi­schen unter anderem der Unter­nehmer Gunter Seat von Foullon.

Die drei Initia­toren haben in früheren Lebens­krisen nach teils jahre­langem Rausch­gift­konsum Entzugs­er­fah­rungen machen müssen. Sie motivieren durch eigenes Vorbild Sucht­kranke auf dem langen Weg aus der Sucht. Oft führt dieser am Anfang über eine stationäre Entgiftung. Dann kommt das Durch­halten.

»Laufen ist kein Allheil­mittel«, weiß Roberto Füger. »Es ist eine von vielen möglichen charak­ter­bil­denden Maßnahmen. Das kann auch die Beschäf­tigung mit der Musik sein oder ein anderes Hobby, an dem man wachsen kann und dabei auch Rückschläge bewältigt.« Er ist froh, dass heute die Folgen von Crystal nicht mehr so wenig bekannt sind, wie Ende der 90er Jahre.

Die gesell­schaft­liche Tendenz zur Verharm­losung von Haschisch wird hier nicht bejubelt. Der Weg zum Haschisch­dealer führt zum Dealer der chemi­schen Drogen. Auch die teils gesell­schaft­liche Verharm­losung von Alkohol­miss­brauch bekämpfen sie. Es habe sich gezeigt, dass Alkohol­miss­brauch oft der erste Schritt zum späteren Gebrauch chemi­scher Drogen sei. Man lernt dabei, seinen Problemen auf scheinbar bequeme Art aus dem Weg zu gehen. Der »Preis« ist teils rasanter physi­scher Verfall und teils völliger sozialer Abstieg bis in die Obdach­lo­sigkeit. »Je früher man raus aus dem Drogen­konsum kommt, umso besser. Denn am Ende steht der Leidens­druck Entzug oder Sterben«, so Füger.

Umso wichtiger sind ergän­zende Hilfs­an­gebote, die in der Landes­haupt­stadt Dresden unter anderem die RASOP anbietet. So ist es auch kein Wunder, dass deren Geschäfts­stelle auf der Leipziger Straße und die Beratungs­stelle auf der Freiberger Straße 122 inzwi­schen – jährlich wechselnd – zu festen Ziel- und Start­punkten zweier Einzel­etappen der Laufwoche geworden sind. In diesem Jahr mussten zudem die Corona-Hygie­ne­be­din­gungen bei der Durch­führung des Laufes beachtet werden.

Auf der Inter­net­seite des Vereins wird über den Verlauf des Projekts berichtet. Dort finden sich auch Kontakte zum Verein. Weitere Laufin­ter­es­senten und Unter­stützer können sich gern dort melden.

Steffen Dietrich

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