Lapidarium – „steinreiche“ Schatzkammer
In der Ruine der Zionskirche werden historische Architektur-Fragmente aufbewahrt
Veröffentlicht am Mittwoch, 10. Oktober 2018
Skulpturen, Wegesäulen, Fassadenteile, Schmuckelemente von Gebäuden und vieles mehr bewahrt die Stadt Dresden in ihrem Kunst- und Kulturdepot auf. Platz dafür wurde in der Ruine der Zionskirche geschaffen.
Was verbirgt sich hinter diesen dicken Mauern mit dem Jesus-Kreuz, wird sich schon so mancher gedacht haben, der an der Ruine in der Nürnberger Straße/Ecke Hohe Straße vorbeigekommen ist. Seit kurzem geben Informationstafeln Auskunft über die Geschichte des Bauwerks, das am 29. September 1912 nach vierjähriger Bauzeit als evangelische Zionskirche eingeweiht wurde. Stifter war der Maschinenfabrikant Johann Hampel, an den eine Gedenktafel an der Außenseite erinnert. Er hatte die Bedingung gestellt, unter dem Dach der Kirche begraben zu werden.
In der Bombennacht des 13./14. Februar 1945 brannte die Kirche aus, der Turm stürzte ein. Die sich neu gesammelte Zionskirchgemeinde nutzte ab 1956 eine Baracke auf dem Gelände. Am 31. Oktober 1982 weihte die Gemeinde eine neue Kirche an der Bayreuther Straße, ein Geschenk der schwedischen Kirche. Seit 1985 kann die Stadt über das Grundstück und die Kirchruine verfügen. Beschlossen wurde, hier ein Kunst- und Kulturdepot einzurichten, in dem Skulpturen, Wegesäulen, Fassadenteile, Schmuckelemente und andere Architekturfragmente gelagert werden. Ab 1993 erfolgte der Ausbau zum Lapidarium (eine Sammlung aus Steinwerken), u. a. wurde ein großes Flachdach zum Schutz der Objekte errichtet.
Jedes Jahr öffnet das Lapidarium am Tag des offenen Denkmals seine Türen für die Öffentlichkeit, aber auch bei individuellen Besichtigungen oder Führungen der Seniorenakademie kann man einen Blick auf die historischen Schätze werfen. Über 7.100 Einzelteile lagern hier: in Hochregalen, auf verschiedenen Ebenen und im Außengelände. Darunter befinden sich Konstruktionselemente vom ehemaligen Pinguin-Café aus dem Dresdner Zoo, 80 Brückenpendelstützen vom Bahnhof Mitte, ein Denkmal von Vereinigungsparteitag vom Ullersdorfer Platz, Sandsteinelemente vom Römischen Bad von Schloss Albrechtsberg oder eine Figur vom Mozartbrunnen aus dem Blüherpark. »Das ist hier Stadtgeschichte der besonderen Art, jeder Stein lässt sich einem Bauwerk zuordnen«, erklärt Gert Pfitzner vom Amt für Kultur- und Denkmalschutz. Wie ein wandelndes Lexikon kann er zu fast jedem Bruchstück eine Geschichte erzählen. Das Aufbewahren ist nur eine Seite, die Originalteile sollen auch aufbereitet und wieder genutzt werden. Zum Beispiel beim Wiederaufbau von Gebäuden auf dem Neumarkt, die ihren historischen Vorbildern nachempfunden werden. Oder als Schmuckelemente in öffentlichen Parkanlagen. Manche Originale dienen als Vorlagen für Kopien wie die stark beschädigte Plastik des Mozartbrunnens. Eingelagert waren auch Kugeln vom Pusteblumenbrunnen, der 2005 auf der Prager Straße neu gestaltet wurde. So wie eine Bronzefigur aus Niedersedlitz warten viele der geschichtsträchtigen Teile darauf, wieder im öffentlichen Raum sichtbar zu werden. Ist ein geeigneter Standort gefunden, geht es vor allem um die Finanzierung der Restaurierung.