Johann Heinrich Gottlieb Klemm (1819–1886) – Verleger und Bibliophiler
Grabstätten auf dem Dresdner St.-Pauli-Friedhof
Veröffentlicht am Dienstag, 23. April 2019
Auch Johann Heinrich Gottlieb Klemm hat auf dem St.-Pauli-Friedhof seine letzte Ruhe gefunden. Klemm war Mitbegründer der Deutsche Bekleidungsakademie aus der später die Europäische Bkleidungakademie hervorgehen sollte.
Mit der Geschichte des erstmals im Mai 1311 urkundlich erwähnten und am 1. Januar 1997 nach Dresden eingemeindeten Altfranken sind zwei Persönlichkeiten auf besondere Art und Weise verbunden.
Zum einen ist es Johann Heinrich Wilhelm Graf von Luckner (1805–1865), Bauherr des 1939 abgebrochenen Schlosses Altfranken, zum anderen Johann Heinrich Gottlieb Klemm, der seine ersten Lebensjahre in Altfranken verbrachte und 1850 in Dresden Mitgründer der »Deutsche Bekleidungs-Akademie« war. Aus selbiger ging die »Europäische Modeakademie« hervor, mit der die Stadt Dresden europaweit bekannt wurde.
Die Grabstätte des Johann Heinrich Gottlieb Klemm befindet sich auf dem etwa elf Hektar großen und zum 1. Januar 2016 ‚beschränkt geschlossenen‘ St.-Pauli-Friedhof. Als anfangs »Äußerer«, später »Neuer Neustädter Friedhof« wurde er im Mai 1862 geweiht und mit einem ersten Begräbnis in Gebrauch genommen.
Aus Anlass des bevorstehenden 200. Geburtstages von Johann Heinrich Gottlieb Klemm hat Werner Fritzsche, Ehrenmitglied der Interessengemeinschaft Historisches Altfranken, der »Pieschener Zeitung« einen Beitrag zur Verfügung gestellt. Darin heißt es unter anderem:
»Heinrich Klemm wurde am 19. September 1819 als siebentes Kind des Dorfschneiders Johann Gottlieb Klemm und dessen Ehefrau Johanne Regine in Altfranken, einem kleinen Dorf westlich von Dresden, geboren. […] Von 1833 bis 1836 erlernte er in Wilsdruff den Schneiderberuf.« Während seiner Wanderschaft wurde er mit den »…damals bestehenden Unzulänglichkeiten seines Handwerks« konfrontiert. »Um diese abzuschaffen, gab er die Berufspraxis auf, gründete 1844 mit seinem Bruder in Leipzig ein ›Zeicheninstitut für Kleidermacher‹.«
Vier Jahre später »… wurde Heinrich Klemm die Redaktion einer Modezeitschrift sowie eines Modeheftes übertragen. Diese Tätigkeit gab den Anstoß, dass er sich nun hauptsächlich dem Schreiben von Lehrbüchern und deren Verlegung zuwandte.«
1850 siedelte er nach Dresden über, heiratete Henriette Karoline Regel (1827–1889) und gründete den »H. Klemms Verlag«, in dem er zunächst als Verleger seiner eigenen Schriften auftrat.
»Dieser Verlag erbrachte ein beträchtliches Vermögen, welches es ihm ermöglichte, einem ‘kostspieligen Hobby‘ nachzugehen, dem Sammeln von Inkunabeln. […] Sein dazu erarbeitetes Verzeichnis der über 1000 Exponate unter dem Titel ›Beschreibender Catalog von Manuscripten und Druckwerken des 15. und 16. Jahrhunderts aus den frühesten bis 1470 bekannt gewordenen Drückstätten‹ gehört noch heute zu den Standardwerken der Inkunabelforschung.« Johann Heinrich Gottlieb Klemm, vom sächsischen König zum »Commissionsrath« ernannt und von der Dresdner Bürgerschaft zum Stadtverordneten gewählt, verstarb am 28. November 1886.
»Noch zu Lebzeiten überließ er 1886 seine aus 5.000 Schriften bestehende Sammlung, darunter 750 Inkunabeln, der Sächsischen Staatsregierung für 400.000 Mark. Diese stellte sie dem ein Jahr zuvor in Leipzig gegründeten Museum des ›Zentralvereins für das Deutsche Buchgewerbe‹ als Leihgabe zur Verfügung.«
An der Dresdner Nord-/Ecke Forststraße besaß Johann Heinrich Gottlieb Klemm die Villen „Augusta“ und „Bellevue“. In seinem Geburtsort Altfranken wurde 1888 aus der zwei Jahre vor seinem Tod von ihm gegründeten Stiftung der Bau eines Schulgebäudes finanziert.
(K. Brendler)
Anmerkung:
Vor zwei Jahren wurde die Grabstätte des Johann Heinrich Gottlieb Klemm durch die „IG Historisches Altfranken“ umfassend erneuert und am 9. September 2017 eingeweiht.