Hier bewegt sich was!

Im Gespräch mit Ortsamtsleiter Christian Wintrich

Veröffentlicht am Dienstag, 26. Januar 2016

Ein neuer Mann im Pieschener Rathaus, ein sich dynamisch entwickelnder Stadtteil. Die »Pieschener Zeitung« sprach mit Ortsamtsleiter Christian Wintrich. Bilanz und Ausblick.

Ortsamtsleiter Christian Wintrich kann rundum zufrieden sein. Pieschen brummt. Foto: Möller

Ortsamtsleiter Christian Wintrich kann rundum zufrieden sein. Pieschen brummt.

Foto: Möller

Herr Wintrich, 2015 war Ihr erstes Jahr als ordentlich bestellter Ortsamtsleiter in Pieschen. Wie sieht Ihre ganz persönliche Bilanz aus?

Was soll ich sagen? Das Jahr war anstrengend. Es gab viel zu tun. Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden. Natürlich stand das Thema Asyl im Zentrum meiner, unserer Arbeit. Wir setzen uns mit den Sorgen, die den Piesch­ne­rinnen und Pieschnern in diesem Zusam­menhang auf der Seele brennen, ausein­ander. Das ist eine Selbst­ver­ständ­lichkeit.

Ordnung und Sauberkeit sowie das eine oder andere Lärmpro­blem haben uns beschäftigt. In den heißen Sommer­nächten hatten es sich viele mit Getränken und Verpflegung an der Elbe gemütlich gemacht. Abgesehen von der einen oder anderen Hinter­las­sen­schaft, wurde es hin und wieder auch lauter. Die sprich­wört­liche Toleranz der Pieschner hat dann eben doch Grenzen.

Pieschen hat sich sichtbar weiterentwickelt. Welche Projekte sind fertiggestellt worden, was ist auf den Weg gebracht?

Der Graffi­tipark am Pusch­kin­platz wurde übergeben und wird rege genutzt. Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass die Schmie­re­reien im öffent­lichen Raum ganz aufhören. Das haben wir noch nicht ganz geschafft. Wir sind einen großen Schritt voran­ge­kommen, aber noch lange nicht am Ziel. Mit Beginn des Schul­jahres 2015/16 ist die Sanierung der 56. Oberschule »Am Trachenberg« beendet und der Erwei­te­rungsbau fertig­ge­stellt worden. Die neue Kinder­tages­stätte in der Schüt­zen­hof­straße und die neue Rettungs­wache in der Großenhainer Straße sind ebenfalls in Betrieb gegangen.

Ende des Jahres erfolgte zudem noch die Grund­stein­legung für die Errichtung eines Zentral-OP am städti­schen Krankenhaus Dresden-Neustadt, was zukünftig auch eine Verbes­serung der Versorgung der Piesch­ne­rinnen und Pieschner mit sich bringen wird.

Was ist liegengeblieben?

Nichts!

Vor zwölf Monaten hatten Sie die Hoffnung geäußert, dass die Sanierung des alten Bauernhauses neben dem Rathaus zur Initial­zündung für den Bau der „Markuspassage“ wird. Gibt es gute Kunde?

Ja! Die verkehr­liche und medien­tech­nische Erschließung der künftigen »Markus-Passage« wird im September 2016 beginnen und soll voraus­sichtlich im Juli des Folge­jahres abgeschlossen sein. Ein Investor hat ernst­haftes Interesse bekundet. Noch gibt es keine Bauge­neh­migung, die Dinge bewegen sich aber in die richtige Richtung und man darf durchaus optimis­tisch auf die nahe Zukunft blicken. Geplant sind zirca 100 Wohnein­heiten, Gewer­be­flächen im Erdge­schoss sowie Tiefga­ra­gen­stell­plätze.

Einen Vorschlag für den Straßen­namen seitens des Ortsbei­rates gibt es auch schon. Erinnert werden soll an Hans Fromm. Er war ein bekannter und beliebter Kirchen­mu­siker, der von 1961 bis zu seinem Tod 1982 als Kantor in der St. Markus­kirche gewirkt hat. Das letzte Wort hat hier natürlich der Stadtrat.

Wie hat sich der Stadtteil im letzten Jahr entwickelt? Wächst Pieschen weiter und wie sieht es mit Wohnraum aus?

Aus meiner Sicht hat sich der Orts­amts­be­reich Pie­schen weiter positiv entwi­ckelt. Die Einwoh­nerzahl liegt stabil bei 53.000 mit ganz leichter Tendenz nach oben. Das Durch­schnitts­alter ist mit 39,7 nahezu konstant geblieben. In Pie­schen leben sehr viele junge Menschen.

Viele Gebäude wurden saniert, manche Baulücke ist inzwi­schen verschwunden. Beispiele hierfür finden sich zwischen Oschatzer Straße und Konkor­dienstraße sowie an der Leisniger Straße, Ecke Oschatzer Straße. Auch die ehemalige Tabak­fabrik in der Petten­ko­fer­straße ist durch eine Bauher­ren­ge­mein­schaft für eine Wohnnutzung umgebaut worden.

Der Orts­amts­be­reich wird sich weiter entwi­ckeln. Gegen­wärtig laufen konkrete Planungen für den bereits erschlos­senen Bereich Stern­straße und Lommatz­scher Straße.

Die verkehr­liche und medien­tech­nische Erschließung des Geländes zwischen dem Konkor­di­en­platz und der Moritz­burger Straße soll im März in Angriff genommen werden und im Juli beendet sein. Geplant sind zwei- bis dreige­schossige Stadt­häuser. Hier bewegt sich etwas!

Ist mit dem weiteren Ausbau des Elberadweges zu rechnen?

Die Säge klemmt. Der frühere Radweg zwischen Autobahn­brücke und Altkaditz musste im Zuge des Neubaus der Faultürme auf dem Gelände der Stadt­ent­wäs­serung weichen. Die Planungs­un­ter­lagen zur Erneuerung dieses Teilstücks lagen Anfang des letzten Jahres zur allge­meinen Einsicht aus. Bei den Natur­schutz­ver­bänden stieß das Vorhaben in dieser Form auf Ablehnung. Daraufhin mussten vertie­fende Umwelt­un­ter­su­chungen in Auftrag gegeben werden. Die Ergeb­nisse werden derzeit ausge­wertet. Zwischen der Flügel­weg­brücke und der Autobahn­brücke geht es auch nicht so richtig voran. Auch für das Teilstück zwischen Böcklin­straße und Flügel­weg­brücke im Bereich des ehema­ligen Dampf­kes­selbaus gibt es noch keine neuen Erkennt­nisse. Aller­dings laufen Unter­su­chungen zu einer alter­na­tiven Trasse.

Ist Pie­schen ein attraktiver Standort für Wirtschaft, Handel und Gewerbe, Kunst und Kultur?

Ganz offen­sichtlich. Die Sanierung des ehema­ligen Goehle­werkes zum Beispiel ist ein außer­or­dentlich inter­es­santes Projekt der Kreativ­wirt­schaft. Das künftige »Zentralwerk« liefert schon jetzt einen wichtigen Impuls für die Entwicklung des Stadt­teils. Das Quartier wird dadurch deutlich aufge­wertet. Auch der Kultur­verein »Geh8« wird nicht zuletzt im Zusam­menhang mit dem neuen Schul­campus, der in unmit­tel­barer Nachbar­schaft errichtet werden soll, weiterhin Bestand haben. Die Weichen dafür sind gestellt worden.

Im Orts­amts­be­reich gibt es rund 5.000 gemeldete Gewerbe. Die Situation ist stabil.

Warum Pie­schen so attraktiv ist? Pie­schen ist einfach ein toller Orts­amts­be­reich. Die Elbe durch­zieht unser Gebiet, wir sind verkehrs­tech­nisch gut erschlossen, haben gleicher­maßen kurze Wege in die Innen­stadt und zur Autobahn. Die Anbindung an den ÖPNV lässt kaum Wünsche offen. Es gibt zwei S-Bahn-Halte­punkte und gute Radweg­ver­bin­dungen in die Innen­stadt.

Die interimsmäßige Unterbringung von Flüchtlingen in der Sporthalle Thäterstraße war durchaus umstritten. Haben sich die Wogen geglättet?

Das Thema hat uns sehr beschäftigt. Gesprächs­runden und Vermitt­lungs­an­gebote vor Ort haben dazu beigetragen, dass sich die Akteure wenigstens angenähert haben. Nach wie vor aber gehen die Ansichten zur Nutzung der Turnhalle als Unter­kunft für Asylsu­chende weit ausein­ander. Einige Anwoh­ne­rinnen und Anwohner sehen die Unter­bringung der Menschen in der Halle kritisch, andere wiederum unter­stützen die dort lebenden Flücht­linge. Die Stadt hat gegen­wärtig keine Alter­native, als auf diesen Standort zurück­zu­greifen. Fest steht aber, dass es sich hier um eine temporäre Lösung handelt.

Wie viele Asylsuchende leben derzeit im Orts­amts­be­reich?

Anfang Januar 2016 waren 270 Flücht­linge in den Unter­brin­gungs­ob­jekten und in Wohnungen unter­ge­bracht. Eines möchte ich an dieser Stelle nochmal ganz klar sagen: Wir sind zur Unter­bringung der Menschen, die uns vom Freistaat zugewiesen werden, verpflichtet. Dieser Pflicht wird die Stadt auch im Ortsamts­gebiet Pie­schen nachkommen.

Welche Nationen sind vertreten?

Im Orts­amts­be­reich Pie­schen sind überwiegend Menschen aus Pakistan, Afgha­nistan und Syrien unter­ge­bracht.

Welche konkreten Aktivitäten gibt es zur Integration der Menschen?

Im Sozialamt gibt es seit dem letzten Jahr einen Koordi­nator für das Ehrenamt. Er unter­stützt die Bürge­rinnen und Bürger, die sich für Flücht­linge engagieren wollen. Dazu kommt der Sächsische Flücht­lingsrat mit seinem Regio­nal­ver­ant­wort­lichen, die sich vor Ort um die soziale Betreuung der Flücht­linge kümmern. Ein riesen­großes Stück zum Gelingen der Integration von Flücht­lingen tragen auch Initia­tiven wie »pie­schen für alle« und »übigau willkommen« bei.

Durch die vielen Aktivi­täten für die geflüch­teten Menschen und das große ehren­amt­liche Engagement zeigt sich, wie offen und bunt Pie­schen ist. Beim Neujahrsputz an den Elbwiesen waren elf junge Leute aus der Unter­kunft in der Thäter­straße dabei. Das hat mich richtig gefreut und das hat mir gefallen. Ich hatte auch den Eindruck, dass die Flücht­linge Spaß dabei hatten und uns gern unter­stützt haben.

Zum Schluss: Was macht Pie­schen so unverwechselbar?

Die schöne Lage, die vielen jungen Leute und Familien, der Charme und die Menta­lität der Piesche­ne­rinnen und Pie­schener.

Wir danken für das Gespräch! Die Fragen stellte Steffen Möller.

Steffen Möller

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