Herausforderungen angehen
Im Gespräch mit Stadtbezirksamtsleiter Christian Wintrich
Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Januar 2021
Wir trafen uns mit Stadtbezirksamtsleiter Christian Wintrich zum Interview: Über Fernwärmeversorgung, Ordnung und Sicherheit bis hin zu Kommunalpolitik in Zeiten von Corona.
Das diesjährige Jahresauftaktinterview haben wir unter das Motto »Social Distancing, ohne den Kontakt zu verlieren« gestellt. Die Pieschener Zeitung sprach mit Stadtbezirksamtsleiter Christian Wintrich.
Herr Wintrich, wir wünschen ein gesundes neues Jahr und hoffen, Sie sind gut rübergekommen.
Danke, dass wünsche ich Ihnen und allen Bürgerinnen und Bürgern von Pieschen auch. Der Wunsch nach Gesundheit, wie er in jedem Neujahrsspruch üblich ist, hat in diesem Jahr der Pandemie eine besondere Bedeutung. Das sagt man in diesen Tagen nicht so lapidar, das meint man auch so und hofft, dass alle gesund bleiben.
Beginnen wir diesmal mit dem Komplex Ordnung und Sicherheit. Bei der Lektüre der Polizeiberichte gewinnt man den Eindruck, dass Eigentumsdelikte in Pieschen zugenommen haben. Wie ist die Lage?
Der Eindruck täuscht. Insgesamt kann man sagen, dass die Kriminalität laut Aussage der Polizei in Pieschen nicht signifikant zugenommen, sondern gerade auch bei Eigentumsdelikten eher abgenommen hat. Das ist auch immer eine Frage der subjektiven Wahrnehmung. Gesamtstädtisch gesehen ist Pieschen kein Kriminalitätsschwerpunkt.
Nach wie vor ist die Parksituation ein großes Problem. Naht Entspannung? Wie weit ist das Parkraumkonzept gediehen?
Die Möglichkeiten für eine kurzfristige Verbesserung der Parkraumsituation sind auf Grund der Struktur der Wohngebiete und der hohen Bevölkerungsdichte sehr eingeschränkt, sind aber auch eine Frage der Flächenverfügbarkeit und der Finanzierung.
Wenn man täglich nach getaner Arbeit lange nach einem Parkplatz suchen muss, nervt das natürlich auf Dauer. Am Ende werden die Angebote ÖPNV, Carsharing, Mobilitätspunkte darüber entscheiden, ob Familien im Stadtteil auch ohne Fahrzeug auskommen können und sich dadurch die Parksituation teilweise verbessert.
Eine weitere temporäre Einschränkung von Parkplätzen bildet natürlich auch der Ausbau der Fernwärme in Pieschen. Das verschlechtert die ohnehin angespannte Parksituation noch zusätzlich.
Aber die Arbeiten sind notwendig, um künftig die Versorgung der Haushalte zu sichern. Und es führt ja nur zu kurzzeitigen Parkraumeinschränkungen. Ich nehme das an dieser Stelle zum Anlass, mich bei allen betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern für das Verständnis und die Geduld zu bedanken.
Fernwärmeversorgung ist ein gutes Stichwort. Pieschen ist ja regelrecht umgepflügt worden. Wie weit sind Bauarbeiten vorangeschritten und wann werden sie abgeschlossen sein?
Die Arbeiten gehen gut voran. Die Haupttrassierung, welche Voraussetzung für die Fernwärmeversorgung im Stadtbezirk ist, wurde aus förderrechtlichen Gründen im letzten Jahr abgeschlossen.
Die letzte Baumaßnahme, die im Rahmen des Förderprojektes begonnen wurde, ist die Oschatzer Straße zwischen Bürgerstraße und Leisniger Straße, die Ende April 2021 fertig werden soll. In diesem Jahr werden Hausanschlüsse und Verteilerstationen hergestellt, welche mit punktuellen Verkehrseinschränkungen verbunden sind. Betroffen sind in diesem Jahr zum Beispiel die Rehefelder Straße, die Barbarastraße und ein kleiner Abschnitt der Bürgerstraße in Richtung Mohnstraße.
Wenn alles wie geplant abläuft, sollen die dafür erforderlichen Arbeiten am Ende des Jahres abgeschlossen werden. Nach jetzigem Stand sind bzw. werden 250 Häuser an die Fernwärme angeschlossen, das entspricht dann einer Leistung von zirka 22 Megawatt.
Welche kurz- und mittelfristigen Effekte verbinden sich für den Stadtbezirk mit der Fernwärmeerschließung?
Insgesamt werden mit den Bauarbeiten die Voraussetzungen für ein langfristig stabiles und dem steigenden Bedarf angepasstes Fernwärmenetz geschaffen. Neben dem Ausbau des bestehenden Netzes ist vor allem die Anbindung weiterer Haushalte erklärtes Ziel. Damit lässt sich der CO2-Ausstoß um 3.400 Tonnen pro Jahr minimieren und die Luftqualität im Stadtgebiet verbessern.
In Pieschen wird viel gebaut. Im vergangenen Jahr ist das MIKA-Quartier fertiggestellt worden. Wie hat dieses doch sehr ambitionierte Projekt den Stadtteil verändert und welche Impulse lassen sich daraus ableiten?
Durch den Zuzug von Menschen nach Pieschen wandelt sich das Bild im Stadtteil. Wo früher noch Brachflächen waren, pulsiert heute das Leben. Es spricht sich rum, dass es sich in Pieschen gut leben lässt. Der Stadtteil ist attraktiv und von überall gut zu erreichen. Diese Gebietsentwicklung hat auch Auswirkungen auf die Angebote – Einzelhandel, Kinderbetreuung, Infrastruktur – die dadurch erweitert werden. Sie stellt uns aber auch vor Herausforderungen, die wir angehen müssen.
Für 2020 äußerten Sie vor zwölf Monaten den Wunsch, dass neue Wohngebiete erschlossen und Baulücken geschlossen werden. Haben Sie Beispiele?
Dieser Wunsch besteht auch im neuen Jahr fort. Wir können aber nicht jede Lücke schließen, die Menschen brauchen Grünflächen und Freiflächen zur Freizeitgestaltung.
An der Herbststraße, Ecke Kötzschenbroder Straße haben die Bauarbeiten für Wohnhäuser begonnen. Ich bin zuversichtlich, dass in diesem Jahr die Bautätigkeit im Areal Kaditz-Mickten fortgeführt wird und der neue Stadtteil weiter an Gestalt gewinnt.
Welche Projekte fördert der Stadtbezirksbeirat 2021?
Das ist ad hoc nicht so einfach zu beantworten. Das Jahr hat ja erst begonnen und der kommunale Haushalt ist noch nicht genehmigt, so dass über Förderungen noch nicht abschließend entschieden werden kann. Hinzu kommt die durch die Pandemie entstandene fehlende Planbarkeit von Projekten unserer ehrenamtlichen Antragsteller.
In Pieschen fehlen Spielplätze und Grünflächen. Wie sieht die Bilanz 2020 aus und wie sind die Aussichten?
Den Spagat zwischen der Schließung von Baulücken, dem Ausweisen neuer Bauflächen und der Erweiterung von Spiel- und Freiflächen hinzubekommen, ist schwierig.
Der Stadtbezirksbeirat hat mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Sanierung des Waldspielpatzes an der Neuländer Straße und die Erneuerung und Erweiterung des Spielplatzes am Pestalozziplatz, die dieses Jahr realisiert werden soll, unterstützt.
Geplant ist auch, an der Albert-Hensel-Straße eine Grünfläche herzustellen. Die weitere Aufwertung des Wohnumfeldes mit Spielplätzen und Grünflächen wird aber ein Thema der nächsten Jahre bleiben.
Ganz kurz zum Sachsenbad: Wie ist der aktuelle Stand?
Das Thema »Sachsenbad« begleitet mich schon sehr lange. Obwohl seit der Schließung schon über 25 Jahre vergangen sind, ist vielen Pieschnerinnen und Pieschnern der Erhalt des Bades wichtig.
Der Stadtbezirksbeirat hat sich in seiner Sitzung im Dezember für die Vertagung der Verkaufsvorlage ausgesprochen mit dem Ziel, dass ein wirtschaftliches Gesamtkonzept zur Sanierung des Sachsenbades, ohne gesonderte Zuschüsse finanzierbar, erarbeitet und erst dann eine Entscheidung getroffen wird.
Für ein stadtteilintegriertes Nutzungskonzept sollen die Bürgerinnen und Bürger, Vereine und Interessengruppen, aber auch Stadtverwaltung, Politik und Marktakteure in geeigneter Weise einbezogen werden. Dabei sollen die kommunalen Bedarfe, die Interessen der Pieschener Bürgerinnen und Bürger sowie die denkmalpflegerischen Belange in besonderer Weise berücksichtigt werden.
Zudem soll eine Prüfung der Sanierung und wirtschaftlichen Betreibung als Gesundheitszentrum und einer teilweisen Nutzung als Stadtteilzentrum ebenfalls vorgenommen werden.
Ein Aufreger war die geplante Kündigung des AUGUST Theaters. Ist das endgültig vom Tisch?
Gegenwärtig laufen Abstimmungen, um die Interessen der Verwaltung und des Theaters in Einklang zu bringen. Ich bin zuversichtlich, dass eine für beide Seiten einvernehmliche Lösung gefunden wird.
Nichtsdestotrotz bleibt der Platzbedarf für die Verwaltung bestehen. Wie ist der derzeitige Planungsstand und gibt es schon eine Lösung für das Problem?
Die Sanierung eines Rathauses bei laufendem Betrieb ist für die Bürgerinnen und Bürger, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, eine enorme Herausforderung. Die Rathäuser sind ja zu Zeiten erbaut worden, als das Nutzerverhalten noch anders war. Auch hinsichtlich der Digitalisierung wird in den nächsten Jahren die Frage im Raum stehen, wie viel Büroraum man überhaupt noch wofür benötigt. Nichtsdestotrotz wird das Rathaus in Abschnitten saniert und das soll nach derzeitigem Stand Mitte des Jahres beginnen. Nach Abschluss der Bauarbeiten werden alle Ämter barrierefrei für die Bürgerinnen und Bürger erreichbar sein.
Wir danken für das Gespräch.
Die Fragen stellte Steffen Möller.