Halbouni’s »Monument« auf dem Dresdner Neumarkt
Keine Sternstunde für Dresden – aber eigentlich wollten wir über Kunst reden!
Veröffentlicht am Dienstag, 14. Februar 2017
Seit die Installation »Momente« auf dem Neumarkt eingeweiht wurde, polarisiert sie die Dresdner. Sind die drei in den Himmel aufragenden Busse Kunst? Taugen sie als Mahnmal gegen Krieg und Gewalt? Oberbürgermeister Dirk Hilbert sprach über die Hintergründe des Kunstwerks, aber die Kunst-Kritiker störten lautstark mit Parolen, so dass vieles im Lärm unterging.
Der Betrachter rieb sich verwundert die Augen an jenem 7. Tag im Februar des Jahres 2017, als auf dem Dresdner Neumarkt das »Monument« des deutsch-syrischen Künstlers Manaf Halbouni der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollte. Statt kunstsinnigem Publikum dominierten sichtlich aufgebrachte Wutbürger die Szene. Deren politische Verortung fiel angesichts der inzwischen weit über die sächsische Landeshauptstadt bekannten berüchtigten Sprechchöre nicht sonderlich schwer. Das Repertoire reichte von den »Volksverrätern« über »Hilbert muss weg« bis hin zur unvermeidlichen »Lügenpresse«, umfasste aber auch Begrifflichkeiten wie »Schande« – das alles ist wahrlich keine Sternstunde für Dresden.
Aber eigentlich wollten wir über Kunst reden! Daran, dass Kunst mitunter polarisiert und kontroverse Meinungen herausfordert, kann kein Zweifel bestehen. Das ist Aufgabe der Kunst. Die Installation auf dem Dresdner Neumarkt bedarf der Interpretation, braucht den Dialog. Wer die im Gebrüll untergegangene Ansprache des Oberbürgermeisters nachliest, findet dort die notwendigen Erklärungen.
»Monument« mahnt und polarisiert
Eine Barrikade aus drei alten Bussen, von der Zivilbevölkerung der jahrelang umkämpften syrischen Stadt Aleppo als Sichtschutz gegen Scharfschützen errichtet: Das »Monument« will wachrütteln und vermitteln, so der Oberbürgermeister im Wortlaut. Was würde es bedeuten, wenn eine solche Barrikade in Dresden aufgestellt werden müsste? Halbounis Skulptur liefert Stoff für Diskussionen und hat allein damit schon ihren Zweck erfüllt.
Die Auseinandersetzung mit Kunst bedarf einer gewissen StreitKULTUR, primitive Polemik ist fehl am Platz. Kritik an Halbounis Arbeit ist legitim, doch müssen sich die Kritiker mindestens eine Frage gefallen lassen: Was ist eigentlich dagegen einzuwenden, wenn ein temporäres Mahnmal gegen Krieg und Zerstörung vor der Frauenkirche aufgestellt wird? Auch in Dresden fielen zigtausende Zivilisten sinnlosem Töten zum Opfer.
In welcher Weise Halbounis »Monument« die Würde der Dresdner Bombenopfer verletzt, erschließt sich dem Autor nicht und bleibt vor diesem Hintergrund ein Geheimnis von Herrn Schulz, seines Zeichens Vorsitzender des AFD-Kreisverbandes.
Ein letzter Gedanke. Jene Bürgerinnen und Bürger, die durch ihr unangemessenes Auftreten Dresdens Ruf beschädigen, bereiten der Stadt Schande. Ihnen muss konsequent entgegengetreten werden. Sie, wie in der Rezeption geschehen, als Pöbel zu bezeichnen, greift zu kurz und wird dem Phänomen nicht gerecht.
Die vielbeschworene Dresdner Mehrheitsgesellschaft wäre gefragt gewesen, doch die glänzte einmal mehr durch weitgehende Abwesenheit.