„Ein Ort für Idealisten“
Dem Geburtshaus von Melli Beese wird neues Leben eingehaucht
Veröffentlicht am Dienstag, 6. November 2018
Vor 132 Jahren wurde Melli Beese, die erste deutsche Motorfliegerin, in Laubegast geboren. Ihr heute denkmalgeschütztes Geburtshaus steht noch und soll saniert werden. Außerdem wollen es die neuen Besitzer zu einem Treffpunkt für Kultur und Gedankenaustausch machen.
Eine schwarze Bronzetafel am Eingang verrät, wer im Haus an der Österreicher Straße 84 vor 132 Jahren geboren wurde: Melli Beese, die erste deutsche Motorfliegerin. Ihr Geburtshaus steht noch, umgeben von einem großen Garten mit alten Eiben, Zedern und Obstbäumen. In dieses Kleinod hat sich die Schweizerin Silvia Tröster verliebt und es gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten erworben.
Aus der Kunststadt Basel kommend hat sie in Dresden ab 1992 eine neue Heimat gefunden. »Ich bin schnell Laubegasterin geworden«, sagt die Diplom-Historikerin, die ihr eigenes Kulturreisebüro führt. Ihr gefällt der Stadtteil, die kulturinteressierten Menschen. »Wir möchten das Haus nicht allein besitzen, sondern mit dem Galerieraum einen schönen warmen Gastraum für Begegnungen schaffen«, ist ihr Wunsch.
Wer Anfang September zur Kunstmeile in Laubegast hier eingekehrt ist, konnte davon schon eine Ahnung bekommen. In geselliger Runde fanden sich Interessierte zusammen, um die Kunstwerke von Eckhard Kempin zu besichtigen oder den Lesungen verschiedener Autoren zu lauschen. Der eine oder andere bediente sich am »Kunstautomaten« vom Atelier FARBIG, andere folgten der Einladung der Gastgeberin und bewunderten den urwüchsigen Garten mit seinen besonderen Gehölzen. Das denkmalgeschützte Haus im Schweizerstil, erbaut 1884, ist von den Spuren der Zeit gezeichnet. Es soll saniert und in einigen Jahren zum Lebensmittelpunkt von Silvia Tröster werden, die jetzt noch in der Fährstraße wohnt. »Bis dahin müssen wir noch Geld verdienen, das wir hier reinstecken werden«, sagt die 60-Jährige. Ob Dach, Fassade oder Fenster – an vielen Ecken muss angepackt werden, um das Haus in Ordnung zu bringen. Historische Details wie die Holzverkleidung, Stuck, Fensterläden oder alte Fliesen sollen dabei erhalten bleiben. Das sogenannte Galeriezimmer im Erdgeschoss wird renoviert und für öffentliche Veranstaltungen zur Verfügung gestellt. Auch jetzt finden hier bereits in loser Folge Lesungen, Ausstellungen oder Musikabende statt. Ein Aushang am Zaun verweist auf den nächsten Treffpunkt. Das spricht sich schnell herum unter den Nachbarn, so dass die Plätze knapp werden. »Ich möchte, dass hier Kunst und Literatur einen Platz bekommen«, wünscht sich Silvia Tröster. Und auch das Andenken an die erste deutsche Pilotin soll wachgehalten werden. Ein Künstler wohnt bereits im Melli-Beese-Haus: Seit anderthalb Jahren hat der Maler und Grafiker Eckhard Kempin hier sein Domizil. Seine Bilder schmückten zeitweilig den Galerieraum, bevor sie anderen Künstlern Platz machen. Mit Galerien kennt er sich aus. Der heute 77-Jährige hatte jahrelang eine eigene in Radebeul. An die 100 Personalausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen kommen auf sein Konto.
Mitte Oktober besuchte ihn ein alter Freund und Künstlerkollege: Porträtmaler Christoph Wetzel. Er gab in der Kuppel der wiederaufgebauten Frauenkirche den barocken Figuren Gesicht und Gestalt. Silvia Tröster kennt sich da aus, bei ihren Führungen durch Alt- und Neustadt und in der Frauenkirche macht sie ihre Zuhörer darauf aufmerksam. Sie erzählt Wetzel von ihren Zukunftsplänen mit dem Wohnhaus. Sein Kommentar: »Das ist ein Ort für Idealisten!«