Denkzeichen machen Geschichte sichtbar
Veröffentlicht am Freitag, 17. November 2017
Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit erinnert mit Denkzeichen an Orte jüdischen Lebens in Dresden. Grit Hanneforth vom Kulturbüro Sachsen kritisiert zunehmenden Antisemitismus in Europa, Sachsen und Dresden.
Äußere Neustadt. »Antisemitismus ist ein virulentes Problem in Europa, Deutschland und Sachsen.« Grit Hanneforth vom Kulturbüro Sachsen e. V. nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn sie über aktuelle Entwicklungen spricht. Von Beleidigungen im öffentlichen Raum ist die Rede und von aus den Boden gerissenen Stolpersteinen in Berlin-Neukölln.
Solche Positionen dürfen nicht mehrheitsfähig werden, ihnen gilt es eine Erinnerungskultur entgegenzusetzen, die Geschichte sichtbar macht und zu aktiver Auseinandersetzung einlädt.
Mit der Aktion Denkzeichen will die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit an Orte jüdischen Lebens in Dresden erinnern. Inzwischen gibt es elf dieser Denkzeichen, verteilt über das gesamte Stadtgebiet. Sie erzählen von menschlichen Schicksalen und von Orten, die sonst in Vergessenheit geraten wären. Zu finden sind sie u.a in der Schießgasse, am früheren Wohnhaus von Viktor Klemperer, auf der Oschatzer Straße und seit neuestem auch am ehemaligen Jüdischen Gemeindehaus Bautzner Straße 20.
Seit 1920 gehörte das Haus den jüdischen Eheleuten Schrimmer. Im Hofgebäude betrieben sie eine Fabrik für Schuhcreme und chemische Produkte. 1937 erwarb die Israelitische Religionsgemeinde Dresden das Haus. Die Fabrikräume wurden als Schweißerlehrwerkstatt genutzt. Als sogenanntes Judenhaus diente das Gebäude ab April 1940 der Zwangsunterbringung jüdischer Familien. Das Ehepaar Schrimmer wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert und kam dort um.
Nach Ende des Krieges erhielt die jüdische Gemeinde das Haus im Mai 1945 von der Sowjetischen Militäradministration zurückübereignet.
Die alte 1938 in der Reichsprogromnacht niedergebrannte Synagoge existierte nicht mehr und so musste das Gebäude als provisorisches Gemeindezentrum dienen. Bis zum Umzug in das neue Gemeindezentrum am Hasenberg 2001 waren hier neben den Gemeinderäumen die Verwaltung und die Jüdische Wohlfahrtspflege untergebracht.
Nora Goldenbogen, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Dresden, erinnert sich noch an ein besonders schönes Geschenk, das sie einst als Kind zum Chanukka-Fest erhielt. Das muss in den 1950er Jahren gewesen sein. Sie erinnert sich auch an die einschneidenden Veränderungen Anfang der 1990er Jahre, als die Gemeinde infolge der Einwanderung osteuropäischer Juden enorm wuchs und schon bald über 400 Mitglieder zählte.
»Dresden ist heute eine Bühne neuer rechter Kräfte geworden«, stellte Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch fest. Daraus ergäbe sich die drängende Frage, wie diesem Rechtextremismus jetzt und künftig zu begegnen sei.