Ein Weltstar malt für Dresden

Marlene Dumas stellt das neue Altarbild für die Annenkirche vor

Veröffentlicht am Mittwoch, 7. Dezember 2016

Die südafrikanische, in Amsterdam lebende Malerin Marlene Dumas hat am 29. November 2016, im Rahmen eines Gemeindeabends, einen Entwurf des von ihr geschaffenen Altarbildes der Annenkirche vorgestellt.

Künstlerin Marlene Dumas (rechts im BIld) im Gespräch mit ihrer Dolmetscherin bei der Vorstellung des von ihr gestalteten Altarbildes der Annenkirche. Foto: Steffen Dietrich

Künstlerin Marlene Dumas (rechts im BIld) im Gespräch mit ihrer Dolmetscherin bei der Vorstellung des von ihr gestalteten Altarbildes der Annenkirche.

Foto: Steffen Dietrich

Die südafri­ka­nische, in Amsterdam lebende Malerin Marlene Dumas hat am 29. November, im Rahmen eines Gemein­de­abends, einen Entwurf des von ihr geschaf­fenen Altar­bildes der Annen­kirche vorge­stellt. Dumas präsen­tierte dabei den künst­le­ri­schen Entste­hungs­prozess ihres Werks. Die Künst­lerin lässt sich in ihren expres­sio­nis­ti­schen Werken von alltäg­lichen Bildern und Fotos inspi­rieren. Dabei zeichnet sie nicht nur die schönen Seiten des Lebens, sondern zwingt den Betrachter mit ihren Werken, sich auch mit den dunklen Seiten der mensch­lichen Gesell­schaft aus­ein­anderzusetzen. So verwundert es auf den ersten Blick, dass sich im Altarbild auch die aktuelle Flücht­lings­the­matik findet. Die künst­le­rische Verfremdung eines Presse­fotos, auf dem ein mit Flücht­lingen überla­denes Boot auf dem Mittelmeer kentert, kann den auf Harmonie bedachten Kirchen­be­sucher durchaus provo­zieren.

Das darge­stellte Boot ähnelt dem »Jesus-Boot«. Im Kibbuz Ginnossar am Nordwestufer des Sees Genezareth in Israel kann es besichtigt werden. Das »Jesus-Boot« wurde im Jahre 1986 von zwei Brüdern, die als Fischer arbei­teten, im Uferschlamm entdeckt. Das für seine Zeit typische Boot, welches vor rund 2.000 Jahren gesunken war, konnte gehoben und zwecks Ausstellung konser­viert werden.

Das Motiv des Flücht­lings­bootes ist jedoch nur ein Teil des aus mehreren Motiven bestehenden Gesamt­bildes, das in Form eines Lebens­baumes zum Motiv des Regen­bogens hinauf­wächst. Der »Bogen, den ich in die Wolken setze«, wurde Noah von Gott als ein Zeichen gegeben, dass er die Erde nicht noch einmal durch eine Flut vernichten würde (1. Mo 9, 13–16). Der Regen­bogen in den Wolken soll immer an Gottes bleibende Treue erinnern. Er ist damit ein Hoffnungs­symbol.

Auch alle weiteren Motive des Gesamt­bildes haben erwar­tungs­gemäß einen christ­lichen Bezug. Die Künst­lerin nimmt sich jedoch die Freiheit, ihre Inter­pre­tation in das Werk aufzu­nehmen. Das christ­liche Kreuz wird bei Dumas zum Fenster, der »Himmel« zum Sternen­himmel.

Neben Dumas sind mit Jan An­driesse und Bert Boogard zwei weitere Maler am Werk beteiligt.

Marlene Dumas ist eine der gefrag­testen Künst­le­rinnen weltweit. Die Aukti­ons­listen ihrer Werke bei Christies, Sotheby‘s und Phillips weisen erzielte Erlöse im sechs- bis sieben­stel­ligen Dollar­be­reich aus. Werke von ihr sind Teil großer Museen, wie dem Centre Pompidou – Musée National d’Art Moderne, Paris, dem Museum of Modern Art, New York und dem Stedelijk Museum, Amsterdam.

Dass man die Künst­lerin für ein Kunstwerk in Dresden gewinnen konnte, das nur einen Bruchteil des möglichen Erlöses kosten wird, grenzt an sich schon an ein Wunder. Es ist wohl nur so zu erklären, dass die Künst­lerin an Dresden einen Narren gefressen hat. Dresden erhält mit dem Altarbild ein neues, religiöses Kunstwerk von Weltrang. Bei der Präsen­tation ihres Werkes wurde die Künst­lerin für ihr Altarbild teils heftig kriti­siert. Sie entgegnete auf diese Kritik, dass sie für das Altarbild voraus­sichtlich noch zwei weitere Bilder »dazu« geben werde. Die Dresdner Annen­kirche war 1578 der erste protes­tan­tische Kirchen­neubau nach der Refor­mation und wurde nach der sächsi­schen Kurfürstin Anna (1532–1585) benannt. Die Origi­nal­kirche wurde im Sieben­jäh­rigen Krieg zerstört. Die Weihe der „zweiten“ Annen­kirche erfolgte am 8. Oktober 1769. In den Bombar­de­ments im Februar 1945 brannte der Dachstuhl der Kirche; das Altarbild löste sich in Nichts auf. Inmitten des städti­schen Infernos überlebten in der Kirche etwa 1.000 Menschen, die dort Zuflucht gesucht hatten.

Steffen Dietrich

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