Flugzeuglegende kurz abgehoben
Veröffentlicht am Dienstag, 17. April 2018
Das Verkehrsmuseum Dresden stellt den letzten erhalten gebliebenen Rumpf des Passagierflugzeugs 152 in der Westhalle des Flughafens Dresden International aus. Es handelt sich um einen Prototypen der einzigen turbinenstrahlgetriebenen Passagiermaschine aus deutscher Produktion.
Eigentlich kein großes Ding, möchte man beim flüchtigen Hinsehen meinen. Aber die Männer in der Westhalle des Dresdner Flughafens sind hochkonzentriert, als der rund 30 Meter lange Flugzeugrumpf schließlich am Kranhaken hängt. Sie bewegen gerade ein Stück Luftfahrtgeschichte.Langsam, Zentimeter um Zentimeter, wird der Flieger an seinen neuen Platz bugsiert. Endlos lange Minuten vergehen, dann ist es geschafft. Das letzte erhalten gebliebene Exemplar des ersten turbinenstrahlgetriebenen Passagierflugzeugs aus DDR-Produktion hat wieder Bodenkontakt. Dresden als Standort einer eigenen Luftfahrtindustrie: Mitte der 1950er Jahre wurden in Klotzsche zunächst Flugzeuge des sowjetischen Typs IL-14P gebaut.
Doch die SED-Granden wollten mehr. Im Dezember 1958 absolvierte das erste turbinenstrahlgetriebene Passagierflugzeug aus deutscher Produktion seinen Jungfernflug. Am 4. März 1959 gab es einen weiteren Test, der tragisch endete. Die Maschine stürzte nahe Klotzsche ab. Alle vier Besatzungsmitglieder kamen ums Leben. Das ehrgeizige Projekt hatte einen empfindlichen Rückschlag erlitten. Zwei Jahre später kam das Aus. Die 152 war endgültig Geschichte. Die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Flugzeuge wurden verschrottet. Nur fünf Rümpfe blieben erhalten.
Einer davon wurde auf den Militärflughafen Rothenburg in die Oberlausitz verbracht, wo er fortan als Depot diente und ein wenig beachtetes Schattendasein fristete. Seit 1992 befindet sich der Rumpf im Besitz des Dresdner Verkehrsmuseums und kann auf dem Flughafen Dresden als letzter Sachzeuge der DDR-Flugzeugindustrie im Rahmen von Führungen besichtigt werden.
Der in Klotzsche geparkte Prototyp ist der letzte seiner Art, ein absolutes Unikat, ein sächsisches Kulturdenkmal, schwärmt Götz Ulrich Penzel, Luftfahrt-Kustos im Verkehrsmuseum Dresden. Die Restaurierung des Exponates dauerte fünf Jahre. Zuallererst mussten Korrosionsschäden beseitigt werden. Das Cockpit wurde nachempfunden, die Bordküche angedeutet und sogar ein paar Sitze finden sich in dem silbergrauen Rumpf der 152. In der Standardvariante bot das Flugzeug Platz für 72 Passagiere. Die Leute saßen eng beisammen wie bei Ryanair. Weitaus komfortabler ging es in der Salonvariante zu. Hier mussten sich lediglich 40 Reisende miteinander arrangieren, beschreibt Penzel das Reisefeeling der 50er Jahre.
Über die Einstellung der Produktion des ersten deutschen Turbinenstrahlflugzeugs ist immer viel spekuliert worden.
Dass der Absturz 1959 eine gewissen Rolle gespielt hat, ist oft vermutet worden. Tatsächlich aber waren es technische und organisatorische Probleme, die dazu führten und das Ende des Flugzeugbaus in der DDR besiegelten. Dazu kamen explodierende Kosten und mangelndes Kaufinteresse. Im Februar beschloss das Politbüro des Zentralkomitees der SED die Auflösung der DDR-Luftfahrtindustrie. Die Produktion der 152 wurde drei Monate später eingestellt.