Die Dunger- und die Bobestraße in Dresden-Kaditz

Straßennamen im Dresdner Nordwesten

Veröffentlicht am Donnerstag, 12. August 2021

Straßennamen im Dresdner Nordwesten: Die Dunger- und die Bobestraße.

Blick in die Dunger- bzw. Bobestraße in Kaditz. Fotos: Archiv Brendler

Blick in die Dungerstraße in Kaditz.

Foto: Archiv Brendler

Erstmals 1269 urkundlich erwähnt und 1903 in die damalige Haupt- und Residenz­stadt Dresden einge­meindet, sind im heutigen Stadtteil Kaditz fast ein halbes Hundert Straßen und Wege sowie ein Platz benannt. Im Manuskript des „Namenbuch der Straßen und Plätze im Norden der Stadt Dresden“ (2000) wird dazu ausge­führt: „Von den 45 Straßen tragen neun Bezeich­nungen mit geogra­phi­schem, fünfzehn mit örtlichem bzw. Flurbezug und einund­zwanzig sind nach Personen benannt.“

Als namens­ge­bende Personen ausge­wählt und zum 1. Januar 1904 bestätigt wurden u. a. auch der Dichter Max von Schen­kendorf (1783-1867), die Natur­wis­sen­schaftler Friedrich Rudolf Leuckart (1822-1898) und Gustav Theodor Fechner (1801-1887), der Kunst­sammler Johann Gottlob von Quandt (1787-1859) sowie der Jurist und Parla­men­tarier Eduard von Simson (1810-1899).

Und weiter heißt es im oben erwähnten Dokument: „Verglichen mit anderen Dresdner Stadt­teilen kam es in Kaditz in den Jahren nach der Einge­meindung nur zu drei Straßen­um­be­nen­nungen.“ Das betraf neben dem Simson­platz (heute Riegel­platz) auch die in den 1920er Jahren benannten Radestock- bzw. Bobestraße.

Die jüdische Herkunft des Eduard von Simson (1810-1899) und die kommu­nal­po­li­tische Tätigkeit der beiden Mitbe­gründer des Pieschener Konsum­vereins, Hermann Bobe (1860-1925) und Max Radestock (1854-1913), war dem natio­nal­so­zia­lis­ti­schen deutschen Staat Anlass, ihre Namen aus dem Kaditzer Straßen­ver­zeichnis zu tilgen.

Im Zusam­menhang mit der in drei Bauab­schnitten (1913 bis 1926) durch den 1882 gegrün­deten „Consum-Verein für Pieschen und Umgegend zu Pieschen“ errich­teten und heute von der Geibel-, Bobe- und Dunger­straße umschlos­senen Wohnanlage, erhielt um 1922 eine der neu zu benen­nenden Straßen den Namen des Vorsit­zenden des „Zentral­verband deutscher Konsum­vereine“ Max Radestock.

Der seit Ende der 1870er Jahre in der Stein­gut­fabrik von „Villeroy & Boch“ als Magazin­ver­walter tätige Max Radestock wurde 1885 in den Vorstand des „Consum-Verein für Pieschen…“ gewählt und 1892 zu dessen Geschäfts­führer ernannt. Viele Jahre war er Direktor vom „Verband sächsi­scher Konsum­vereine“. Verstorben ist Max Radestock in Lange­brück, beigesetzt wurde er in Dresden.

Umbenannt im Juli 1935, trägt die Radestock­straße seitdem den Namen des 1843 in Plauen/Vogtland geborenen und 1912 in Dresden verstor­benen Hermann Dunger. Der Philologe und Volks­kundler war seit 1885 als Konrektor und Gymna­si­al­pro­fessor am Wettin-Gymnasium in Dresden tätig. Im September des gleichen Jahr gründete er den ersten Zweig­verein des Allge­meinen  Deutschen Sprach­vereins. Ziel und Zweck des 1943 verbo­tenen Vereins bestand u.a. darin, die deutsche Sprache von fremd­spra­chigen Einflüssen zu befreien bzw. freizu­halten.

Auch der Namens­geber der im April 1926 benannten Bobestraße gehörte zu den Initia­toren des 1882 gegrün­deten „Consum-Vereins für Pieschen …“. Stein­gut­sor­tierer Hermann Bobe war ebenso wie Max Radestock bei der seit 1856 in der Leipziger Vorstadt Dresdens ansäs­sigen Stein­gut­fabrik „Villeroy & Boch“ beschäftigt. Laut Manuskript des „Namenbuch der Straßen und Plätze im Norden der Stadt Dresden“ (2000) erwarb sich Hermann Bobe vor allem „…als Geschäfts­führer und stell­ver­tre­tender Direktor des Verbandes sächsi­scher Konsum­verein große Verdienste.“ .

Im August 1937 wurde die Bobestraße umbenannt. Fortan trug sie den Namen des 1822 auf Gut Peterwitz (Schlesien) geborenen und 1847 in Wien verstor­benen Balla­den­dichters Moritz Karl Wilhelm Graf von Strachwitz. Der deutsche Litera­tur­his­to­riker Ludwig Ernst Fränkel (1868-1925) schrieb im Band 36 der „Allge­meinen deutschen Biographie“ (1893) u. a. „Er war eine kühne, in den demora­li­sie­renden Wandel­gängen der großen Welt naiv gebliebene Natur.“

Während die Strach­witz­straße mit Ratsbe­schluss vom 8. Februar 1956 in Bobestraße rückbe­nannt wurde, blieb eine Rückbe­nennung der Dunger­straße in Radestock­straße aus.

Klaus Brendler

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