Der Zschertnitzer Gedenkstein
Veröffentlicht am Sonntag, 19. Mai 2019
Der Gedenkstein in Zschertnitz erinnert an die frühere Ortschaft Zschertnitz. Dr. Eberhard Haueis erinnert an die Geschichte des heutigen Dresdner Stadtteils.
Zschertnitz. Seit einiger Zeit liegen immer mal wieder Blumen am Zschertnitzer Gedenkstein. Dem Autor und Mitinitiator des Steins ist leider nicht bekannt, wer die Blumen niederlegt, auch die Beweggründe dafür nicht. Auf alle Fälle kann man diese Geste als Zustimmung und Achtung vor dem Ort interpretieren, zumal sich in der unmittelbaren Nähe dieser Stelle der ehemalige Dorfplatz befunden hat.
Nun steht der Stein schon seit über 17 Jahren dort, wo die Paradiesstraße in die Räcknitzhöhe mündet. In der Form einer sächsischen Viertelmeilensäule künden die drei Zahlen von drei wichtigen Entwicklungsetappen des heutigen Stadtteils. 1308 war die erste urkundliche Erwähnung des damaligen Eigentümers des Vorwerks Otte von Schärschitz.
1902 ist das Jahr der »Einverleibung« – so hieß das damals – des selbstständigen Dorfes in die Stadt Dresden und damit die Verwandlung in die Vorstadt Zschertnitz. 2002 steht dann für den 100. Jahrestag dieses Ereignisses, begangen in einem neu entstandenen, modernen Stadtteil für 10.000 Bewohner. Über den drei Jahreszahlen ist das offiziell letzte Dorfsiegel zu sehen. Mit dem Gedenkstein wird also an den historischen Wandel vom Ursprung der Ansiedlung als Vorwerk an das selbstständige Dorf und an den ganz neuen Stadtteil von Dresden erinnert.
Im Kopfstück mit der satteldachförmigen flachen Abschrägung hat der Steinmetz Jens Krämer aus Kaitz sein Zeichen verewigt. Er war es nämlich, der den Gedenkstein nach Absprachen mit der Offenen Geschichtswerkstatt im Kreativstudio Zschertnitz kostenlos angefertigt hat, nachdem der Sandsteinrohling von der damaligen Woba gekauft worden war. Zu würdigen sind hier vor allem noch die Wohnungsgenossenschaft »Glückauf« Süd für die Schaffung des Fundaments und der Baubetrieb Gebrüder Richter in Mockritz für diverse Transportmaßnahmen und die letztendliche Aufstellung.
Die Form der Viertelmeilensäule hat hier nichts mit den Entfernungen auf den sächsischen Poststraßen zu tun. Sie sind bis zur Einführung des metrischen Systems um 1875 ohnehin schon mehrmals verändert worden. Interessenten zu diesem Thema ist das Osterzgebirgsmuseum im Schloss Lauenstein mit seiner einmaligen Ausstellung über die Geschichte des kursächsischen Post- und Verkehrswesens und seiner bedeutenden Denkmale zu empfehlen.
Für den Zschertnitzer Gedenkstein hat sich die Form der Viertelmeilensäule aus verschiedenen Gründen angeboten. Zum einen ist der historische Bezug eine wichtige Größe. Im Original waren die Viertelmeilensteine im Unterschied zu den Distanzsäulen und den Meilensteinen ziemlich schmucklos und nur auf einer Seite beschriftet. Die Beschriftung beschränkte sich auf das Monogramm AR des Kurfürsten, das Jahr der Errichtung und ein Posthorn. Die Rückseite unseres Denkmals zeigt die ursprünglich festgelegte Beschriftung an. Damit war einer eigenen Gestaltung des Gedenksteins genügend Raum gegeben. Ein weiterer Grund bezieht sich auf Aussagen des Geschäftsführers der Forschungsgruppe Kursächsische Postmeilensäulen e. V. André Kaiser, der selbst an der Einweihung des Zschertnitzer Denkmals am 14. Dezember 2002 teilgenommen hat. Demzufolge soll eine solche Viertelmeilensäule einmal auf Zschertnitzer Flur gestanden haben.
Zum Schluss möchte ich noch einmal auf die niedergelegten Blumen zurückkommen. Der Zschertnitzer Gedenkstein ist kein Grabstein, aber ein Schmuck mit Blumen kann ihn durchaus verschönern – aber nur, wenn die alten verwelkten Sträuße immer beseitigt werden, wenn ein neuer hingelegt wird.