Corona erschwert die direkte Vor-Ort-Demokratie

Im Gespräch mit Stadtbezirksamtsleiter Christian Barth

Veröffentlicht am Mittwoch, 27. Januar 2021

Welche Einschränkungen brachte die Corona-Pandemie 2020 mit sich? Welche Projekte beförderte der Stadtbezirksbeirat Blasewitz mit seinem zur Verfügung stehenden Budget? Diese und weitere Fragen beantwortet der Blasewitzer Stadtbezirksamtsleiter.

Das Corona-Virus hat 2020 vieles überschattet. Wie wirkte sich das auf das Leben im Stadtbezirk aus?

Die Einschrän­kungen durch den Lockdown im Frühjahr und seit dem Herbst betreffen die gesamte Gesell­schaft: Schließung der Geschäfte, der Gastro­nomie, der kultu­rellen und sozialen Einrich­tungen, die Reduzierung privater Kontakte. Das betrifft unseren Stadt­bezirk genauso wie ganz Dresden oder Deutschland. Eine Reihe von vorbe­rei­teten Veran­stal­tungen mussten letztlich abgesagt oder verschoben werden oder in verän­derter Form statt­finden. Das betraf z. B. die tradi­tio­nelle Elbwie­sen­rei­nigung im April oder Ende November den musika­li­schen Advents-Auftakt auf dem Schil­ler­platz am Weihnachtsbaum.

Aber auch die Arbeit des Stadt­be­zirks­amtes und des Stadt­be­zirks­bei­rates war schwie­riger geworden. Zeitweilig musste das Bürgerbüro schließen, auch gegen­wärtig werden nur Online-Termine vergeben. Zum Teil sind die öffent­lichen Sitzungen des Beirats ausge­fallen. Die direkten Begeg­nungen und Gespräche mit den Bürgern sind seltener geworden. So wird die direkte Vor-Ort-Demokratie erschwert.

Ich bedauere sehr, dass die regel­mä­ßigen Treffen mit den 80-jährigen Jubilaren seit längerem ausge­setzt sind und auch die persön­lichen Besuche der 90-jährigen Einwohner komplett ausfallen.

Eine Auswirkung war auch die Halbierung des Budgets des Stadtbezirks. Wie viel Projekte konnten trotzdem gefördert werden?

Insgesamt wurden 20 Projekte mit Geldern des Stadt­be­zirks­bei­rates Blasewitz gefördert, davon 13 städtische bzw. städtisch initi­ierte Projekte, wie die Aufwertung des grünen Umfeldes am Europa­brunnen oder die Planungen für Spiel­plätze. Gefördert wurden Vorhaben von Vereinen oder Privat­in­itia­tiven. Unter­stützung erhielten u. a. der Verein »In Gruna leben« und die SG Striesen. Wir hatten 444.600 Euro zur Verfügung, davon geben wir jetzt 133.000 Euro nicht verbrauchte Mittel an den Stadt­haushalt zurück. Dies zeigt, dass die Blase­witzer Stadt­be­zirks­bei­rä­tinnen und -beiräte außer­or­dentlich gewis­senhaft und verant­wortlich mit dem Geld umgehen. Gleich­zeitig ist das auch ein Signal an die Vereine im Stadt­bezirk, dass sie eine Chance haben ihre Projekte, die positiv auf die Entwicklung in den Stadt­teilen ausstrahlen, auch gefördert zu bekommen.

Welches Budget steht in diesem Jahr zur Verfügung?

Geplant ist aktuell die Reduzierung des Budgets von 889.200 Euro um 12 Prozent auf 782.496 Euro. Das ist der derzeitige Stand. Die tatsäch­liche Freigabe der Stadt­be­zirks­mittel hängt vom Haushalt 2021 ab, der bereits im Dezember vom Stadtrat beschlossen wurde, aber im Moment noch nicht freige­geben ist.

Was bleibt an Positivem von 2020 im Gedächtnis?

Trotz der widrigen Umstände konnte in Altgruna mit vielen Akteuren das Jubiläum »650 Jahre Gruna« begangen werden. Entstanden ist im Vorfeld eine lesens­werte Festbro­schüre, die am 18. September 2020 zur Eröffnung der Festtage an Oberbür­ger­meister Dirk Hilbert übergeben wurde. Er hatte die Schirm­herr­schaft übernommen.

In der Klein­garten­anlage Flora I entstand mit der PARZELLE 3 eine ungewöhn­liche Außen­stelle des Kunst­hauses Dresden. Das Corona-Jahr hat aber auch für einen richtigen Schub in Sachen Digita­li­sierung gesorgt. Viele Absprachen mit den unter­schied­lichen Fachämtern fanden per Video­kon­ferenz statt. Zu den Vorteilen zählt das effek­tivere Arbeiten.

Aber es hat auch gezeigt, dass wir uns technisch noch besser ausstatten müssen. Durch die einge­schränkten Öffnungs­zeiten gab es weniger direkte Kontakte mit den Bürgern. Dadurch hat unser Ziel, erster Ansprech­partner für die Bevöl­kerung zu sein, gelitten. Auch wenn wir per Telefon und E-Mail erreichbar waren, ist das nicht in dem Umfang genutzt worden.

Der Stadtbezirksbeirat hat viel Geld für die Planung von Spielplätzen zur Verfügung gestellt, wann ist mit einer Realisierung zu rechnen?

Als nächstes soll der Spiel­platz im Hermann-Seidel-Park für rund 350.000 Euro gebaut werden. Derzeit wird die Ausschreibung vorbe­reitet. Im Jahr 2022 erfolgt die Planung zur Sanierung des Spiel­platzes im Rother­mundtpark, Kosten 40.000 Euro. Ein Jahr später könnte dann der Spiel­platz verschönert werden.

Welche größeren Bauvorhaben sind 2021 im Stadtbezirk vorgesehen?

Das Straßen- und Tiefbauamt plant den Umbau des Knoten­punktes An der Pikardie zur Verbes­serung des Radver­kehrs, den Ersatz­neubau der Brücke über den Blasewitz-Grunaer Landgraben im Zuge der Draese­ke­straße. An der Strie­sener Straße/Borsbergstraße soll der Knoten­punkt so umgebaut werden, dass sich die Querung in Ost-West- und West-Ost-Richtung für Radfahrer verbessert. Das Umweltamt plant eine ökolo­gische Aufwertung bzw. naturnahe Umgestaltung an einigen Abschnitten des Blasewitz-Grunaer Landgrabens.

Am 1. April 2021 jährt sich die Eingemeindung von Blasewitz nach Dresden zum 100. Mal. Wie wird das Jubiläum gewürdigt?

Die Vorbe­reitung des Jubiläums liegt in den Händen einer Arbeits­gruppe, in der Stadt­beiräte und Vertreter der Bürger­stiftung Ideen schmieden. Soviel steht schon fest: Am 29. Mai 2021 wird es eine dezen­trale und eine zentrale Veran­staltung geben, zeitgleich mit Loschwitz. Der Nachbar­stadtteil wurde ebenfalls am 1. April 1921 nach Dresden einge­meindet. In Blasewitz soll der Tag genutzt werden, um geschicht­liche Beson­der­heiten und die Vielfalt des Stadt­teils zu zeigen. Eine Idee ist, dass bei einem Rundgang die privaten Pavillone in den Grund­stücken erlebbar werden. Auf dem Schil­ler­platz ist ein buntes Bühnen­pro­gramm geplant, gestaltet von lokalen Vereinen. Auch die geschicht­liche Entwicklung der letzten 100 Jahre wird betrachtet. Derzeit wird die Inter­net­seite www.dresden-blasewitz.info aufgebaut. Hier kann sich jeder infor­mieren und auch eigene Ideen zum Jubiläum einbringen.

Stück für Stück wird die Loschwitzer Brücke, das Blaue Wunder, seit Jahren saniert. Wann geht es hier weiter?

Das Herzstück der Sanierung, die Erneuerung des Korro­si­ons­schutzes, ist ab 2022 geplant. Dazu muss im Frühjahr die Finan­zierung abschließend geklärt werden. Jede Verschiebung führt zu einer Verschlech­terung der Bausub­stanz, warnt das Straßen- und Tiefbauamt.

Auch das umstrittene Parken unter der Brücke auf Blasewitzer Seite bleibt ein Dauerthema…

Ja, auch dazu stehe ich mit dem neuen Baubür­ger­meister Stephan Kühn in inten­sivem Kontakt. Der Baubür­ger­meister wird in einer der nächsten Sitzungen den Stadt­be­zirks­bei­räten die aktuellen Entwick­lungen erörtern. Bei diesem Punkt sind viele unter­schied­liche Inter­essen zu berück­sich­tigen.

Mit Sorge beobachten die Blasewitzer die Baumschäden im Waldpark, welche Pläne gibt es zur Rettung?

Das Amt für Stadtgrün und Abfall­wirt­schaft wurde im November 2020 mit einer Konzeption zur Sanierung und Aufforstung des Waldparks beauf­tragt. Sie soll in diesem Jahr vorgelegt werden. Auf dieser Grundlage könnten erste Maßnahmen gegen Ende des Jahres begonnen werden.

Welche Höhepunkte hält das Jahr 2021 bereit?

Ich freue mich auf die Jubilä­ums­ver­an­staltung zu »100 Jahre Einge­meindung«, geplant am 29. Mai 2021, und lade alle Anwoh­nenden bereits jetzt herzlich dazu ein. Gesamt­ge­sell­schaftlich sind die Bundes­tags­wahlen am 26. September 2021 zu nennen. Unter Corona-Bedin­gungen warten sicher besondere Heraus­for­de­rungen bei der Organi­sation auf uns, ich denke da nur an die Besetzung der Wahllokale.

Ich möchte, dass die Stadt­be­zirks­för­der­richt­linie noch bekannter wird und weitere Vereine, Initia­tiven die Chance wahrnehmen, ihre Projekte darüber fördern zu lassen. Mir kommt es darauf an, das Zusam­men­spiel der Akteure und Ehren­amt­lichen im Stadt­bezirk zu verbessern, es geht um ein WIR. Ziel ist dabei, die allge­meinen Lebens­be­din­gungen für die Einwohner so angenehm wie möglich zu gestalten. Außerdem freue ich mich auf eine direkte Rückmeldung der Bürger, was schon gut bei uns läuft, aber auch, was noch besser organi­siert werden könnte.

(Es fragte Christine Pohl.)

Christine Pohl

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