„Bund wider Willen“
Eine Broschüre erinnert an die Eingemeindung von Blasewitz, Loschwitz, Weißer Hirsch, Bühlau und Rochwitz
Veröffentlicht am Montag, 30. August 2021
Wie war das damals vor 100 Jahren, als sich Dresden territorial vergrößern wollte? Über die Hintergründe der Eingemeindung von wohlhabenden Vororten gibt eine Broschüre Auskunft.
Ein Rabe hält drei Ringe im Schnabel – was symbolisiert die Grafik auf dem Titel der Broschüre »Bund wider Willen«? Sie zeigt einen Ausschnitt von dem Sandsteinrelief »Der diebische Rabe mit den drei goldenen Ringenlaquo; von Otto Pilz, das seinen Platz an der Stützmauer unterhalb der Calberlastraße in Loschwitz hat. Der Rabe steht für die Stadt Dresden, die sich die (goldenen) Orte Blasewitz, Loschwitz und Weißer Hirsch einverleibt. Das war im April vor 100 Jahren. Lange hatten sich diese drei wohlhabenden Gemeinden gegen ihre Zugehörigkeit zu Dresden gewehrt. Sie fürchteten um ihre Selbstbestimmung und ihren Wohlstand. Über damalige Befindlichkeiten, Vorgeschichte und Hintergründe informiert anschaulich die Broschüre, die der Verein Chinesischer Pavillon zu Dresden e. V. und der Verschönerungsverein Weißer Hirsch/Oberloschwitz e. V. anlässlich des Jubiläums herausgibt. So lassen sich Für und Wider besser einordnen. Im Vorwort der Broschüre heißt es salomonisch: »Der Erfolg von Loschwitz, Blasewitz und dem Weißen Hirsch ist ohne Dresden nicht denkbar und Dresden wäre nicht Dresden ohne den Elbhang, den Hirsch, die Villen in Blasewitz.« Lange hatten sich die Gemeinden mit allen Mitteln gesträubt. Vergeblich. Am 7. Januar 1921 verfügte das sächsische Innenministerium die Eingemeindung. Kurz darauf hingen in Blasewitz und Loschwitz die Fahnen auf Halbmast. Am 1. April 1921 war es soweit, die eigenständigen Gemeinden wurden zu Stadtteilen. Damit galten die Dresdner Gesetze, Bekanntmachungen und Vorschriften. Verschiedene Zugeständnisse – z. B. bei der Straßenreinigung – sollten die Bewohner versöhnlicher stimmen. Für das Blaue Wunder wurde eine Verlegung des Fußweges in Aussicht gestellt, auch der Brückenzoll sollte wegfallen. Viele Wünsche stellten die Loschwitzer an die Dresdner. Ein »Überwachungsausschuss« sollte 15 Jahre lang die Entwicklung kontrollieren. Der Stadtteil Weißer Hirsch erhielt die Erlaubnis, sich künftig Kurort zu nennen. Mit der Zugehörigkeit zur Großstadt waren auch Vorteile hinsichtlich der Nutzung sozialer Einrichtungen verbunden.
Nach dem 1. Weltkrieg standen die Dresdner vor vielen wirtschaftlichen Problemen. »Aus Dresdner Sicht war eine Stadterweiterung wünschenswert und angestrebt, sie musste allerdings finanziell abgesichert werden«, schlussfolgern die Autoren der Broschüre. Mit der detailreichen Recherche sowie seinen historischen Bildern und Dokumenten wird das Heft zu einem besonderen Wissensschatz.
Wer sich für die Geschichte interessiert: Am 11. September 2021, zum Familienfest in Blasewitz und dem Senfbüchsenfest der Vereine in Loschwitz wird die Broschüre kostenlos verteilt.