Wie weiter mit der Brücke/Most-Stiftung?

Veröffentlicht am Freitag, 15. September 2017

Das kulturelle Veranstaltungszentrum in der Reinhold-Becker-Straße in Blasewitz musste Ende August schließen. Nach 20 Jahren verändern sich für die Brücke/Most-Stiftung die Rahmenbedingungen, so dass sie ihre Projekttätigkeit einstellt.

Die Villa in der Reinhold-Becker-Straße soll Stiftungssitz bleiben. Foto: Pohl

Die Villa in der Reinhold-Becker-Straße soll Stiftungssitz bleiben.

Foto: Pohl

Blasewitz. Die Nachricht löste großes Bedauern aus: Das Brücke/Most-Zentrum in der Reinhold-Becker-Straße schließt zum 31. August 2017, die Stiftung beendet ihre Projekt­tä­tigkeit im Dezember 2017. Am 25. August äußerten sich Stifter Prof. Dr. Helmut Köser, Peter Baumann, geschäfts­füh­rendes Vorstands­mit­glied, und Dr. Stephan Nob­be, ehema­liger Leiter des Goethe-Instituts Prag und Vorstands­mit­glied, über Ursachen, Projekte und künftige Arbeit. Zu diesem Zeitpunkt waren die oberen Räume der Villa schon leer, die Möbel verkauft. Die Stimmung sei geprägt von einer »Mischung aus Traurigkeit und Trotz«, brachte es Dr. Nobbe auf den Punkt. Die Stiftung finan­zierte ihre grenz­über­schrei­tenden Projekte aus Zinser­trägen, nach der Finanz­krise wurde das immer schwie­riger. Das Geld reiche nicht einmal mehr für eine Perso­nal­stelle zur Umsetzung der Stiftungs­zwecke. Jetzt heißt es »Anpassung der Stiftungs­struktur an die aktuellen Rahmen­be­din­gungen«. Ab 2018 wird die Stiftung fördernd tätig werden.

In diesem Jahr begeht sie ihr 20-jähriges Bestehen. Eigentlich ein Grund zum Feiern. Die Gründungsidee: den Dialog mit den tsche­chi­schen Nachbarn zu befördern, Brücken zu bauen in Ost- und Mittel­europa, um Trennendes zu überwinden, Räume zu schaffen für inter­kul­tu­relle Begeg­nungen. Über zahlreiche Bildungs- und Kultur­pro­jekte wurde die Idee mit Leben erfüllt. Inter­na­tionale Kreativ-Workshops für Kinder und Jugend­liche standen auf dem Programm, deutsch-tsche­chische Begeg­nungstage, Seminare zur Geschichte, Treffen mit Zeitzeugen, Fahrten nach Prag und Umgebung. Rund 20.000 Schüler aus Sachsen lernten über das »Büro Pragkontakt« das Nachbarland besser kennen.

Tschechisch-deutsche Kulturtage

Außerdem ist die Brücke/Most-Stiftung von Anfang an Haupt­in­itiator und Veran­stalter der tsche­chisch-deutschen Kulturtage. In diesem Jahr steht die 19. Auflage bevor, und diese Kulturtage werden definitiv wie gewohnt Ende Oktober, Anfang November in Dresden/Ústí nad Labem und der Euroregion Elbe/Labe statt­finden, sagt Prof. Dr. Köser sehr bestimmt. »Diese Kulturtage dürfen nicht sterben.« Wie es weitergeht, wird noch disku­tiert.

Fortge­führt werden soll das Stipen­di­en­pro­gramm. Seit 15 Jahren erhalten tsche­chische und slowa­kische Studie­rende der Musik­hoch­schule in Dresden eine Unter­stützung. Dreimal im Jahr geben die Stipen­diaten in der Blase­witzer Villa ein Konzert, im November findet ein großes Sinfo­nie­konzert in der Hochschule für Musik statt.

Die Villa soll als Stiftungssitz erhalten bleiben, aber die Gäste­woh­nungen mit 59 Betten in den benach­barten Gebäuden stehen zur Dispo­sition.

Das Aus verkünden zu müssen, ist für Prof. Köser und seine Mitstreiter ein »schwer­mü­tiger Moment«. Auch zahlreiche Gespräche mit Verant­wort­lichen in Tsche­chien und Sachsen konnten keine insti­tu­tio­nelle Förderung für die private Stiftung erwirken. Viele Partner bekunden ihre Solida­rität, betrauern den Verlust der Kultur- und Bildungs­an­gebote. Der Arbeits­kreis deutscher Bildungs­stätten e. V. bat in einem offenen Brief Minis­ter­prä­sident Tillich zu prüfen, ob es eine Möglichkeit zur Rettung der Einrichtung von Seiten des Landes gibt.

Christine Pohl

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