Bibliotheken als Nachbarschaftszentren?
Bibliotheksentwicklungsplan entwirft »Zukunftsmodell 7/10«
Veröffentlicht am Mittwoch, 15. Juli 2020
Die Vision: In den nächsten Jahren könnten sich die Städtischen Bibliotheken nach und nach auch für Vereine und Initiativen öffnen, so dass sie außerhalb der Bibliothekszeiten als Treffpunkte zur Verfügung stehen.
Nach Monaten mit Einschränkungen können seit Juli die Städtischen Bibliotheken wieder weitgehend normal genutzt werden. Inzwischen lädt in der Zentralbibliothek im Kulturpalast auch die erste Ausstellung wieder ein, gezeigt werden Plakate des Künstlers Jürgen Haufe.
Die Städtischen Bibliotheken erfreuen sich großer Beliebtheit, sind Orte der Bildung, des Lernens, aber auch des Kommunizierens. Wie sollen sie sich künftig weiterentwickeln? Antwort darauf gibt der Bibliotheksentwicklungsplan 2020–2025, der im Juli von den Stadträten beschlossen werden soll. Zuvor war der Plan in den Stadtbezirksbeiräten vorgestellt worden.
In den letzten Jahren stieg die Zahl der Nutzer um über 13 Prozent, die Zahl der Veranstaltungen um 15,7 Prozent. Dahinter stehen rund 6.600 Veranstaltungen und Führungen. Das Strategiepapier beschreibt die Entwicklungsziele: So sind die Bibliotheken kommerzfreie, sichere und intelligente Kultur- und Bildungsorte, sie widmen sich der Leseförderung und dem Kulturgut Buch, schlagen eine Brücke zwischen analogen und digitalen Welten.
Einen Schwerpunkt bildet das dezentrale Bibliotheksnetz in den Stadtteilen. Es gibt 19 Stadtteilbibliotheken, außerdem 14 Haltestellen für die Fahrbibliothek. Das Stadtnetz soll optimiert werden. So wird z. B. vorgeschlagen, dass die Bibliothek in Strehlen im Gebiet »Am Koitschgraben« umzieht nach Leuben, Niedersedlitz oder Zschachwitz. Das ruft allerdings Widerspruch hervor. Denn damit schließt die einzige Kultureinrichtung im Dresdner Fördergebiet Soziale Stadt, wie die Prohliser Stadtbezirksbeiräte von Bündnis 90/Die Grünen informieren. Sie halten eine Schließung für eine »Katastrophe«. »Es mag sein, dass die Ausleihquoten in Strehlen vergleichsweise niedrig ausfallen, allerdings übernimmt diese Bibliothek wichtige Aufgaben innerhalb der dortigen sozialen Infrastruktur«, erläutert Stadtbezirksbeirätin Julia Günther. Gefordert wird, dass diese Bibliothek erhalten bleibt.
Eine wesentliche Neuerung stellt das künftige Projekt »Zukunftsmodell Bibo 7/10« dar. Dahinter steht die Idee, einerseits Bibliotheken ohne Fachpersonal auch am Wochenende und andererseits über ihren eigentlichen Bestimmungszweck hinaus zu öffnen. So könnten deren Räume von Vereinen, Initiativen für Veranstaltungen und Begegnungen genutzt werden: 7 Tage in der Woche, für Externe von 18 bis 22 Uhr. Damit könnten Bibliotheken auch die Rolle als Kultur- und Nachbarschaftszentren erfüllen. Bis Corona alles stoppte, wurde das Modell bereits einige Monate in der Bibliothek Südvorstadt erprobt. »Das ist hervorragend angenommen worden«, urteilt Prof. Dr. Arend Flemming, der Direktor der Städtischen Bibliotheken. Nach einer Prioritätenliste sollen weitere Bibliotheken dieses Modell umsetzen. Ab 2021 könnten jeweils zwei Bibliotheken pro Jahr entsprechend umgestaltet werden. Welche das sind, können die Stadtbezirksbeiräte und Ortschaftsräte mitbestimmen. Geeignet dafür wären auch die Bibliotheken in Gruna, Blasewitz, Prohlis oder Laubegast. Die Blasewitzer Stadtbezirksbeiräte sprachen sich dafür aus, möglichst schnell das Modell »Bibo 7/10« in ihren Stadtteilbibliotheken umzusetzen. Die verhängte Haushaltssperre macht derzeit allerdings einen Strich durch die Rechnung. Es gibt kein Budget mehr für dieses Jahr, auch für Schulbibliotheken und die Aktualisierung der Bibliotheksbestände wurden Gelder gestrichen.