Aus und Neustart für »lesensart«

Veröffentlicht am Dienstag, 10. Mai 2016

19 Jahre lang war Dr. Frank-Ullrich Harzmann DER Buchhändler in Dresden-Strehlen. Als er am 30. März 2016 die Tür hinter sich im Laden schließt, ist er das nicht mehr. Die lesensart hat sich längst zu einer kulturellen Instant entwickelt und viele Kunden fühlten sich überrumpelt... doch die Geschichte hat nun ein Happy End.

Am 30. März war erstmal Schluss: Dr. Harzmann hatte bis dahin für seine Buchhandlung keinen Nachfolger gefunden. Foto: Richter

Am 30. März war erstmal Schluss: Dr. Harzmann hatte bis dahin für seine Buchhandlung keinen Nachfolger gefunden.

Foto: Richter

Strehlen. Räumungs­verkauf im Frühjahr am Wasaplatz: Regale, Tische und Stühle sind preiswert in der Lanner­straße 5 zu erwerben – das Wichtigste nicht zu vergessen: Die Bücher! 19 Jahre lang war Dr. Frank-Ullrich Harzmann der Buchhändler in Dresden-Strehlen. Als er am 30. März die Tür hinter sich im Laden schließt, ist er das nicht mehr.

Nicht wenige seiner Kunden kamen sich im Februar überrumpelt vor, als sie lesen mussten, dass der agile jugendlich wirkende Mann mit akade­mi­schem Hinter­grund ausge­rechnet »aus Alters­gründen« seinen Laden schließt.

Veranstaltungen mit späteren Literaturnobelpreisträgern

Längst ist »lesensart« zu einer kultu­rellen Instanz geworden, dank zahlreicher Veran­stal­tungen mit renom­mierten Autoren, darunter zwei spätere Litera­tur­no­bel­preis­träger, die zudem noch alle kostenlos lasen. Wer wollte, konnte etwas in eine Spendenbox legen. Es waren Gesund­heits­gründe, die den gestan­denen Mann im Frühjahr 1997 einen Crashkurs für Buchhandel über drei Wochen in Frankfurt am Main absol­vieren ließen. Fortan sollte sein Hobby zum Beruf werden. Denn mit Literatur kannte er sich aus.

»Ein sorgfältig ausge­wähltes Angebot an Prosa, Lyrik und Dramatik« sowie »wichtige Werke aus Philo­sophie, Kultur und Geschichte« kamen bei ihm in die Regale. Strehlen hatte er als Standort nach strate­gi­schem Gesichts­punkten ausge­wählt: Es war eine der Regionen ohne Buchladen – zudem ist es aber auch eine Gegend mit lesebe­geis­terten Anwohnern. Das Kalkül ging auf. Ein Stamm­kunde, der Schau­spieler Albrecht Goette, war mit seinen szeni­schen Lesungen Stammgast. Zuletzt las er im Februar. Zwei Satiren von Dosto­jewski und Michail Bul­gakow intonierte der stimm­ge­waltige Mime – die Buchhandlung war zum Bersten bis zum letzten Platz gefüllt. Es ging darin ums »ökono­mische Prinzip«, dass doch die Priorität habe… Dr. Harzmann entzieht sich diesem nun im Interesse seiner Gesundheit und will wieder mehr lesen, Sport treiben, vielleicht Kurse an der Volks­hoch­schule besuchen. Eines aber wird er nicht: Ein Buch schreiben. Da ist er zu sehr Kenner und Experte.

Doch die Geschichte hat ein Happy End gefunden. Nur einen Monat war die Dresdner Buchhandlung lesensart am Wasaplatz geschlossen – seit 2. Mai führt Rene Hasler die Buchhandlung weiter. Der Mann einer Stamm­kundin wurde zur Rettung für das Geschäft – viele Streh­lener können aufatmen!

R. Richter/Christine Pohl

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