»angeeckt« – Schülerperspektiven auf die Dresdner Stasihaft
Aus besonderer Perspektive
Veröffentlicht am Freitag, 17. März 2017
Dresdner Oberschülerinnen und Oberschüler befassen sich im Rahmen einer Projektarbeit mit den Themen Überwachung und Stasi-Untersuchungshaft.
»Es war schon interessant, sich mit dieser Zeit auseinanderzusetzen, zu sehen, was sich hinter den Kulissen abspielte. Von wegen, in der DDR war alles besser«, fasste eine der Teilnehmerinnen des Schülerfreizeitprojekts »angeeckt« ihre Sicht der Dinge zusammen.
Über einen Zeitraum von sechs Monaten hatten sich zwanzig Dresdner Oberschülerinnen und Oberschüler intensiv mit den Themen Überwachung und Stasi-Untersuchungshaft auseinandergesetzt. Die Ergebnisse ihrer Arbeit präsentierten sie am Mittwoch, 1. März 2017 an historischer Stätte in der Gedenkstätte Bautzner Straße.
Die jungen Leute haben sich richtig reingekniet und dabei bemerkenswerte Sichtweisen auf eine durchaus schwierige Problematik entwickelt, die lange Zeit der Vergangenheit anzugehören schien, unter veränderten Vorzeichen aber wieder an Aktualität gewonnen hat.
Zwei Kurzfilme, eine Tanzperformance und jenes temporäre Streetartprojekt, das in Form von Fotos und Fragmenten konserviert worden ist, setzen sich mit der Thematik auf unkonventionelle Weise auseinander.
Den Anfang macht die Tanzperformance »Raus. Lass sie tanzen!«. Die Mädchen haben intensiv geübt, ihre Bewegungen drücken Emotionen aus, Resignation aber auch den Drang nach Freiheit. Der Genius Loci findet so seinen künstlerischen Ausdruck. Dann folgen die Filme. Die Kamera wird zum Seziermesser und legt die Banalität der Macht frei. Zu sehen sind ein Schreibtisch, auf dem Telefone in großer Zahl stehen, Schreibmaschinen, ein Leninkopf und am Ende die Perspektive einer alles überwachenden Kamera.
Anschließend flimmern beklemmende Bilder über die Projektionsfläche. Es sind Bilder eines Haftalltags, so wie ihn die jungen Leute rekonstruiert haben: eine ins Schloss fallende Tür, ein in der Haftzelle hockender Mensch. Später sieht man den Gefangenen eine Suppe löffeln und aus dem Schlaf schrecken.
Im Foyer der Gedenkstätte präsentieren zwei Schülerinnen das Streetartprojekt »We are watching you«, das kurze Zeit eine Wand an der »Scheune« schmückte. Auch hier stand eine intensive Beschäftigung mit historischen Fakten im Mittelpunkt der Arbeit. Dennoch überrascht einmal mehr die besondere Perspektive der Schülerinnen und Schüler, wird doch vor dem Hintergrund eines wachsenden Sicherheitsbedürfnisses die inzwischen schon fast allgegenwärtige Überwachung der Bürger thematisiert.
Besonders beeindruckt zeigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von den Workshops mit Zeitzeugen. »Wir sind bewusst an einen Ort gegangen, der authentisch erhalten ist, um ihn mit den Jugendlichen zu entdecken«, erzählt Nick Wetschel, der das Projekt mit seinen Kolleginnen Cilly Zimmermann und Nora Manukjan betreut hat.
Ein Hauptanliegen lag in der Verknüpfung von Kunst und Geschichte an einem historischen Ort. Diese Zielstellung ist in jedem Fall erreicht worden. Was die Zukunft bringt, muss sich zeigen. »angeeckt« jedenfalls wird es nach nun drei Jahren nicht mehr geben. Auf neue Projekte darf man gespannt sein.